Der Fall Stephen Colbert: Wenn Fernsehbosse Kritiker abservieren
Stephen Colbert verliert seine «Late Show» – ein Muster, das auch Schweizer TV-Kritiker erleben. Erfolgreiche, aber kritische Moderatoren geraten unter Druck.

Die Absetzung von Stephen Colberts «Late Show» auf CBS wird offiziell als finanzielle Entscheidung präsentiert. Tatsächlich folgte sie aber kurz nachdem Colbert den Medienkonzern Paramount für eine «grosse, dicke Bestechung» an Donald Trump kritisierte.
Colberts kritische Haltung im politisch aufgeheizten Umfeld der USA wurde offenbar zum Problem. Die Zustimmung der Trump-Regierung zum Milliarden-Deal mit Paramount gilt somit als Schlüssel im Hintergrund.

Seine Sendung läuft daher nur noch bis Mai 2026, wie «Nerdist» berichtet.
Phänomen auch in der Schweiz bekannt
Auch die Schweizer Fernsehkultur kennt diesen Konflikt. Der Journalist Roman Brodmann wurde etwa wegen seiner aufmüpfigen, kritischen Moderation 1963 beim Schweizer Fernsehen kaltgestellt.
Brodmann verliess die Schweiz und ging dann nach Deutschland, wo seine sozialkritischen Dokumentarfilme geschätzt wurden. Ein ähnlicher Eklat ereignete sich 1971 mit Ruedi Frei.
Im Live-TV trat er zurück, weil ihm die Direktion faktisch jede journalistische Kompetenz entzogen hatte. Kritik an wirtschaftspolitischen Themen war nur noch eingeschränkt erlaubt, wie die «NZZ» berichtet.
Wenn politische Kritik zum Risiko wird
Der deutsche Moderator Dietmar Schönherr sorgte 1981 mit seiner Kritik an Ronald Reagan für Empörung. Die Fernsehdirektoren erklärten ihn zum «Sicherheitsrisiko» und feuerten ihn fristlos.
Die Zuschauerschaft reagierte dagegen überwiegend positiv, doch die TV-Direktion setzte andere Interessen durch. Ein weiterer Schweizer Fall war der Talkmaster Heiner Gautschy.
Nach einem missglückten Interview mit einem Boulevard-Chefredaktor wurde er medial angegriffen und verliess unter Druck der Direktion das Fernsehen. Trotz jahrelanger Verdienste wurde er fallen gelassen, was als unschöne Entsorgung kritischer Stimmen gilt.
Stephen Colbert reiht sich in «Tradition» ein
Roger Schawinski erlebte laut «NZZ» Ähnliches: Nach neun Jahren und über 400 Folgen seiner Talkshow «Schawinski» wurde seine Sendung aus angeblichen Kostengründen eingestellt.

Dies gilt als Beispiel dafür, wie öffentlich-rechtliche Sender kritische, aber finanzierte Sendungen entfernen. Der Fall Colbert reiht sich damit in eine Tradition ein.
Und zwar in jene, in der erfolgreiche, kritische Fernsehmoderatoren von den Senderleitungen aus dem Programm genommen werden. Dies gilt als Warnsignal für die Freiheit der Meinungsäusserung in Medien, sowohl in den USA als auch in der Schweiz.