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Der Fall Stephen Colbert: Wenn Fernsehbosse Kritiker abservieren

Samantha Reimer
Samantha Reimer

USA,

Stephen Colbert verliert seine «Late Show» – ein Muster, das auch Schweizer TV-Kritiker erleben. Erfolgreiche, aber kritische Moderatoren geraten unter Druck.

Stephen Colbert
Stephen Colberts Late-Night-Show soll im Mai 2026 abgesetzt werden. (Archivbild) - dpa

Die Absetzung von Stephen Colberts «Late Show» auf CBS wird offiziell als finanzielle Entscheidung präsentiert. Tatsächlich folgte sie aber kurz nachdem Colbert den Medienkonzern Paramount für eine «grosse, dicke Bestechung» an Donald Trump kritisierte.

Colberts kritische Haltung im politisch aufgeheizten Umfeld der USA wurde offenbar zum Problem. Die Zustimmung der Trump-Regierung zum Milliarden-Deal mit Paramount gilt somit als Schlüssel im Hintergrund.

stephen colbert
Stephen Colbert gehört zu den schärfsten Kritikern Donald Trumps. - dpa-infocom GmbH

Seine Sendung läuft daher nur noch bis Mai 2026, wie «Nerdist» berichtet.

Phänomen auch in der Schweiz bekannt

Auch die Schweizer Fernsehkultur kennt diesen Konflikt. Der Journalist Roman Brodmann wurde etwa wegen seiner aufmüpfigen, kritischen Moderation 1963 beim Schweizer Fernsehen kaltgestellt.

Brodmann verliess die Schweiz und ging dann nach Deutschland, wo seine sozialkritischen Dokumentarfilme geschätzt wurden. Ein ähnlicher Eklat ereignete sich 1971 mit Ruedi Frei.

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Im Live-TV trat er zurück, weil ihm die Direktion faktisch jede journalistische Kompetenz entzogen hatte. Kritik an wirtschaftspolitischen Themen war nur noch eingeschränkt erlaubt, wie die «NZZ» berichtet.

Wenn politische Kritik zum Risiko wird

Der deutsche Moderator Dietmar Schönherr sorgte 1981 mit seiner Kritik an Ronald Reagan für Empörung. Die Fernsehdirektoren erklärten ihn zum «Sicherheitsrisiko» und feuerten ihn fristlos.

Die Zuschauerschaft reagierte dagegen überwiegend positiv, doch die TV-Direktion setzte andere Interessen durch. Ein weiterer Schweizer Fall war der Talkmaster Heiner Gautschy.

Nach einem missglückten Interview mit einem Boulevard-Chefredaktor wurde er medial angegriffen und verliess unter Druck der Direktion das Fernsehen. Trotz jahrelanger Verdienste wurde er fallen gelassen, was als unschöne Entsorgung kritischer Stimmen gilt.

Stephen Colbert reiht sich in «Tradition» ein

Roger Schawinski erlebte laut «NZZ» Ähnliches: Nach neun Jahren und über 400 Folgen seiner Talkshow «Schawinski» wurde seine Sendung aus angeblichen Kostengründen eingestellt.

stephen colbert
Roger Schawinski hatte seine Sendung bis 2020. (Archivbild) - SRF

Dies gilt als Beispiel dafür, wie öffentlich-rechtliche Sender kritische, aber finanzierte Sendungen entfernen. Der Fall Colbert reiht sich damit in eine Tradition ein.

Und zwar in jene, in der erfolgreiche, kritische Fernsehmoderatoren von den Senderleitungen aus dem Programm genommen werden. Dies gilt als Warnsignal für die Freiheit der Meinungsäusserung in Medien, sowohl in den USA als auch in der Schweiz.

Kommentare

User #2194 (nicht angemeldet)

Wenn politische Kritik zum Risiko wird, reden wir von Diktaturen und nicht von Demokratie.

User #4322 (nicht angemeldet)

Dieses Verhalten gilt doch für alle Medien. Letztere sind abhängig von Inserierenden und Werbespots jeder Art. D.h. die Hand, die dich füttert, beisst man nicht. Und investigativen Journalismus können in der CH leider auch die namentlich bekannteren Verlage nicht mehr ohne dafür gut ausgebildete Journalisten und der Wille nach Objektivität - heisst, immer alle Seiten beleuchten und die Entscheidung dem Leser überlassen. Gerade der UA Krieg zeigt das bestens weil einseitig informiert und kopiert wird. Mit dem Ergebnis, das viel polemisiert und fake news verbreitet werden. Aber eben, warum soll ich meinem Geschäftspartner, mit dem ich vielleicht auch in die Oper gehe, ans Bein pinkeln? Und warum machen es die jungen unverbrauchten Journalisten nicht besser? Weil ihnen der Chef bei fehlender Linientreue auf den Schlips steht. Also dann doch lieber kopieren, viele Bilder dazufügen und die Seiten füllen. Das Mainstream Publikum glaubt ja eh alles je öfter man über etwas berichtet - obs stimmt oder auch nicht.

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