Zug

Zuger Kantonsrat steht hinter Wahlrecht für Beeinträchtigte

Im Kanton Zug sollen künftig auch Menschen, die wegen dauerhafter Urteilsunfähigkeit unter umfassender Beistandschaft stehen, abstimmen oder wählen können.

Behinderung
Eine Person in einem Rollstuhl. (Symbolbild) - Keystone

Im Kanton Zug sollen zukünftig auch Personen, die aufgrund anhaltender Urteilsunfähigkeit unter umfassender Beistandschaft stehen oder durch eine vorsorgebeauftragte Person vertreten werden, die Möglichkeit haben, an Abstimmungen oder Wahlen teilzunehmen.

Der Kantonsrat hat am Donnerstag eine Motion aus den Reihen der Mitte und ALG mit 40 zu 30 Stimmen erheblich erklärt.

Damit beauftragte der Rat die Regierung, dem Kantonsrat einen Vorschlag für eine entsprechende gesetzliche Grundlage zu unterbreiten.

Auch die Regierung stehe deutlich hinter dem Vorstoss, wie Regierungsrat Andreas Hostettler (FDP) beteuerte.

Andreas Hostettler
Andreas Hostettler - Nau

Sie anerkenne, dass Menschen, die auf eine umfassende Beistandschaft oder eine Vertretung im Rahmen eines Vorsorgeauftrags angewiesen sind, durchaus zur politischen Meinungsbildung fähig sein können, schreibt sie in der Antwort auf die Motion.

Es gebe auch in dieser Gruppe Menschen, die politisch aktiv sein wollen – und sei es nur in bestimmten Fragen.

Für die Regierung überwiege denn auch das Recht auf politische Partizipation den Bedenken in Bezug auf eine allfällige Verfälschung von Wahl- und Abstimmungsergebnissen «bei weitem», schreibt sie. Sichergestellt werden müsse aber, dass Beiständinnen und Beistände das Stimm- und Wahlrecht nur nach dem Willen der Betroffenen ausüben.

Fabienne Michel (GLP) sagte, in einer inklusiven Gesellschaft sei es entscheidend, dass jeder Bürger und jede Bürgerin das demokratische Recht auf politische Partizipation ausüben könne.

Odermatt: «knallharte Grundrechtspolitik»

Menschen mit Beeinträchtigungen sollten keine Hindernisse bei der Ausübung ihres Wahlrechts auf kantonaler Ebene haben. Um sicherzustellen, dass dieses Wahlrecht effektiv umgesetzt werde, sei eine Zusammenarbeit mit dem Behindertenorganisation unerlässlich.

Es gehe hier nicht um Symbolpolitik sondern «knallharte Grundrechtspolitik», fasste es Anastas Odermatt (ALG) zusammen.

Gegen die Erheblichkeitserklärung sprachen sich die FDP- und SVP-Fraktionen aus. Adrian Rogger (SVP) sagte, Menschen sollten in der Lage sein, sich zu informieren, um sich ein Urteil fällen und um nach bestem Wissen und Gewissen abzustimmen.

Er stellte die Frage: «Würden Sie – nur der Gleichberechtigung zu liebe – bei einem dauerhaft urteilsunfähigen Menschen ins Auto steigen?»

Zug
Rainer Leemann, FDP Zug. - zVg

Rainer Leemann (FDP) Personen sollen auch die Auswirkungen von Entscheidungen erahnen können, sagte Rainer Leemann (FDP). «Wollen wir Menschen ein Stimmrecht geben, welche die die Fähigkeit nicht haben, vernunftsgemäss zu handeln?», frage er.

Für die FDP-Fraktion sei das Wahl- und Stimmrecht ein sehr persönliches Recht, das nicht weiter gegeben oder delegiert werden soll. Ein gewisses Missbrauchsrisiko sei nicht von der Hand zu weisen.

Abstimmen und Wählen: Menschen mit schweren Behinderungen

Als erster Kanton der Schweiz hatte Genf Ende 2020 Menschen mit schwerer Behinderung das Abstimmen und Wählen erlaubt. Auch im Kanton Schwyz und anderen Kantonen sind entsprechende Vorstösse hängig.

Und auf Bundesebene laufen Bestrebungen, die Gleichberechtigung in Bezug auf politische Rechte für alle Menschen mit Behinderung herzustellen.

Der Kantonsrat erklärte zudem eine Motion mit 64 zu 8 Stimmen als erheblich, die den Regierungsrat beauftragt, dem Kantonsrat einen Vorschlag für gesetzliche Grundlagen zu unterbreiten für die Erstellung von barrierefreien Wahl – und Abstimmungsunterlagen.

Menschen mit einer körperlichen und geistigen Beeinträchtigung sollen einen verständlichen Zugang zu den Wahl- und Abstimmungsunterlagen erhalten und ihren politischen Willen eigenständig ausdrücken können.

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