Nach einer langen Vorlaufzeit stehen nun in den ersten fünf Monaten von 2020 die Entscheid über die Zukunft der St. Galler Spitäler an. Sie fallen im Kantonsrat. Teilweise müssen sie danach aber noch an der Urne bestätigt werden.
Spital
Für die Krebsdiagnose ist bislang meist der Gang ins Spital nötig. - Keystone

Seit eineinhalb Jahren läuft im Kanton St. Gallen die Diskussion über die künftige Spitalstrategie. Den Startschuss feuerte der Verwaltungsrat der Spitalverbunde im Mai 2018 ab, als er ein Grobkonzept vorstellte, das nur noch von vier statt wie bisher neun St. Galler Spitälern ausging.

Seither wehren sich Gemeinden der von einer Schliessung betroffenen fünf Standorte. Sie heuerten eigene Expertinnen und Experten an, die Alternativkonzepte ausarbeiteten. Auch die anderen Gremien setzten auf Spezialisten ausserhalb der Organisationen: Der Verwaltungsrat der Spitalverbunde vergab einen umfassenden Auftrag an die Beratungsfirma PwC (PricewaterhouceCooper), die Regierung bestellte einen Bericht beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG.

Rund eineinhalb Jahre nach dem Knall des Verwaltungsrats stellte dann die St. Galler Regierung am 23. Oktober 2019 ihren Vorschlag für die künftige Spitalstrategie vor. Kurz zusammengefasst: Die fünf Landspitäler in Altstätten, Flawil, Rorschach, Walenstadt und Wattwil sollen geschlossen werden. An diesen Standorten soll es noch Gesundheits- und Notfallzentren mit einigen Betten geben.

Nach der Präsentation des Vorschlags folgte die Vernehmlassung, die bis zum 20. Dezember dauerte. Anschliessend wird die Regierung die Reaktionen auswerten und die Spitalstrategie aufgrund der Stellungnahmen allenfalls anpassen. Daraus entsteht dann bis Ende Februar eine Vorlage, über die schliesslich das Parlament entscheiden wird.

Wer für die Entscheidung über die Zukunft der Spitäler auf ein neu zusammengesetztes Kantonsparlament oder auf eine personell veränderte Regierung gehofft hat, wird enttäuscht: Die Wahlen finden zwar bereits am 8. März statt. Doch die Entscheide fallen noch mit der aktuellen politischen Besetzung in der laufenden Legislatur. Diese dauert bis Ende Mai. Geplant ist die erste Lesung der Spitalstrategie in der Aprilsession und die zweite Lesung in einer als «Aufräumsession» betitelten Parlamentssitzung vom 18. Mai.

Der Kantonsrat muss eine ganze Reihe von Beschlüssen fällen. So sind im Gesetz die Standorte der Spitäler namentlich aufgezählt, gibt es Änderungen, muss das Parlament dem zustimmen. Auch die früheren Beschlüsse zur Erneuerung und Erweiterung der Spitäler Altstätten und Wattwil müssen korrigiert werden – immer gesetzt den Fall, die Schliessung von fünf Landspitälern findet eine Mehrheit. Weiter braucht es eine gesetzliche Grundlage für die geplanten Notfallzentren.

Nach dem Kantonsrat sind dann die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an der Reihe. Bisher vorgesehen sind im Herbst oder Winter 2020 mindestens zwei Volksabstimmungen. Darin geht es zweimal um Finanzen: Zum einen unterstehen die von der Regierung geplanten Staatsbeiträge zur Finanzierung der Notfallzentren von jährlich 9,25 Millionen Franken dem obligatorischen Finanzreferendum.

Weiter braucht es für den zum Konzept gehörenden einmaligen Sanierungsbeitrag von 70 Millionen Franken für die Spitalregion Fürstenland-Toggenburg ein Ja an der Urne.

Bisher nur eine Nebenrolle spielt die Volksinitiative «Für eine sichere stationäre Notfallversorgung in allen Regionen im Kanton St. Gallen», lanciert aus SVP-Kreisen. Sie will im Gesetz festschreiben, dass an allen bisherigen Spitalstandorten weiterhin Notfallzentren angeboten werden müssen. Der Vorschlag ist weitgehend identisch mit dem aktuellen Konzept der Regierung.

Mit der Sammlung von 4000 Unterschriften wurde Ende November begonnen. Zeit dafür gibt es bis Ende März. Läuft alles wie geplant, stehen allerdings die Beschlüsse zur St. Galler Spitalpolitik fest – lange bevor die Initiative im Parlament behandelt wird.

Noch länger dauert es, bis die neue Spitalstrategie Realität ist: Mit ersten Massnahmen wird 2022 begonnen. Es wird dann aber 2028, bis im Kanton St. Gallen alle Anpassungen umgesetzt sind.

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