Rezzonico, der nach eigenen Angaben auf die Unterstützung des Kantons Bern zählen darf, rief auch die Bundesbehörden auf, sich für die Übernahme einzusetzen.
Verwaltung (Symbolbild)
Verwaltung (Symbolbild) - Der Bundesrat

Die Rettung von 160 Arbeitsplätzen in den Werken von Baoshida Swissmetal in Reconvilier BE und Dornach SO hängt weiterhin an einem seidenen Faden. Investor André Rezzonico richtete am Freitag einen Appell an Chinas Botschafter.

«Ich rufe den Botschafter Chinas in der Schweiz auf, die China Development Bank zur Vernunft zu bringen», appellierte der Industrielle André Rezzonico, Verwaltungsratspräsident der Investorin Swiss Team am Freitag an die Vertretung der Volksrepublik.

Rezzonico, der nach eigenen Angaben auf die Unterstützung des Kantons Bern zählen darf, rief auch die Bundesbehörden auf, sich für die Übernahme einzusetzen. «Die Schweiz und China haben die Gelegenheit zu zeigen, wie es um die Qualität ihrer Beziehungen steht.»

Zeit drängt

Viel Zeit bleibt nicht mehr, denn die Frist für eine Übernahme des sich in Nachlassstundung befindenden Unternehmens läuft am 22. Mai aus. Rezzonicos Swiss Team hat neun Millionen Franken geboten.

Doch dieser Betrag liegt unter den 15 Mio. Franken, mit denen Baoshida bei der China Development Bank (CDB) in der Kreide steht. Die Bank beharrt darauf, die gesamten 15. Mio. Franken zu bekommen.

Die 15 Mio. Franken hatte der ehemalige chinesische CEO von Baoshida Swissmetal bei der Bank aufgenommen. Der Chinese ist allerdings ins Visier der Schweizer Justiz geraten, die ihm ungetreue Geschäftsführung vorwirft.

«Die Bank hat das Geld geliehen, die Bank hat das Geld verloren», fasste Rezzonico seine Sicht der Dinge zusammen. Der Industrielle ist überzeugt, dass die Metallwerk eine Zukunft haben. Er glaube, ein bisschen Bewegung auf chinesischer Seite zu spüren. Diese müsste eigentlich ein Interesse an einer Lösung der Blockade haben.

Positive Quartalszahlen

Trotz der Ungewissheit der letzten Jahre ist das Werk noch immer in Betrieb. «Die Zahlen des ersten Quartals sind positiv», wie der heutige Direktor von Baoshida Swissmetal, Claudio Penna, ausführte. Das vergangene Jahr schloss das Unternehmen ausgeglichen ab.

Falls die Übernahme durch Swiss Team erfolgreich abgeschlossen werden kann, will Rezzonico das gesamte Personal übernehmen und in die Produktionsmaschinen investieren.

Uhren, Munition und Telefondraht

Das ehemalige Industrieflaggschiff im Jurabogen wurde vor sechs Jahren von der chinesischen Baoshida-Gruppe erworben. In Reconvilier ist das Unternehmen noch heute als «La Boillat» ein Begriff, benannt nach dem Gründer Edouard Boillat.

Ende des 19. Jahrhunderts herrschte in der Schweiz grosser Bedarf nach Buntmetallprodukten, etwa zur Herstellung von Uhren-Rohwerken, Telefondraht und Munition.

Im Land entstanden mehrere Metallwerke, neben der «Boillat» in Reconvilier auch die Metallwerke in Dornach. In Thun gründete der aus Deutschland stammende Industrielle Gustav von Selve ebenfalls ein Metallwerk. Thun war damals schon ein bedeutender Armeestandort mit Munitionsfabrik.

Immer wieder am Abgrund

In den 1980-er Jahren schlossen sich die drei Metallwerke zur USM Schweizerische Metallwerke AG zusammen. Der fortschreitende Verlust von Marktanteilen und der Einstieg des Finanziers Werner K. Rey führten letztlich 1991 zur Schliessung der Thuner «Selve». Die Standorte Reconvilier und Dornach blieben.

Nach der Jahrtausendwende stand die gesamte Gruppe erneut kurz vor dem Aus. Dem Unternehmen wurde wieder eine Schrumpfkur auferlegt. In den Werken kam es zu Streiks.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 und der harte Schweizer Franken setzten dem Unternehmen erneut zu. Im Rahmen eines Nachlassverfahrens wurde das Unternehmen wieder tiefgreifend restrukturiert, bis 2013 die Chinesen das Ruder übernahmen.

Im Januar 2013 übernahm Baoshida das Ruder. Im Juli 2018 stellten die chinesischen Besitzer den Geschäftsführer auf die Strasse. Fünf Tage später trat die Revisionsstelle von Baoshida zurück und erstattete Anzeige wegen Überschuldung.

Das Regionalgericht Berner Jura gewährte dem Traditionsunternehmen Konkursaufschub, setzte einen Sachwalter ein, holte den Geschäftsführer zurück.

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