In Hägendorf aufgewachsen, lebt Raphael Flury seit drei Jahren in Tansania, Ostafrika. Zwischen Gewürzen und Bier bleibt dem Unternehmer wenig Zeit für Heimweh.
Tansania Hägendorf Bierbrauerei
Raphael Flury (30) kommt aus Hägendorf und ist vor drei Jahren nach Tansania ausgewandert. Dort lebt er mit seiner Frau in Sansibar und Arusha. - z.V.g.
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Den Schweizer Alltag hat Raphael Flury für ein neues Leben hinter sich gelassen: Heute lebt er mit seiner Familie in Tansania, Ostafrika.

«Ich habe zwischen dem Bachelor und dem Masterstudium eine Weltreise gemacht und durfte in Tansania wertvolle Einblicke in die Wirtschaft und Kultur gewinnen.» Auf einer renommierten Kaffeefarm hat man ihm eine Managementstelle angeboten.

Drei der Bio-Bauern im Gespräch; sie produzieren die Gewürze für 1001 Organic. - Saskia von Moos.

Anschliessend ist Flury in die Schweiz zurückgekehrt, um sein Jusstudium abzuschliessen. «Während meiner Tätigkeit in einer Zuger Anwaltskanzlei kontaktierte mich der Inhaber einer Gewürzfirma und bot mir einen Job in Tansania an.»

«Ich bin nun seit über drei Jahren als Geschäftsführer für diese Firma tätig», erklärt der 30-Jährige.

Um in Ostafrika als Unternehmer überleben zu können, brauche es ein dickes Fell: «In Anbetracht der limitierten Planungssicherheit sind Flexibilität und eine grosse Frustrationstoleranz zentrale Eigenschaften.»

Gewürzlager Tansania Hägendorf
Raphael Flury (rechts) und der Deutsche Deputy Ambassador Jörg Herrera im Gewürzlager. - z.V.g.

Gut ausgebildete Mitarbeiter zu finden, sei aufgrund des Bildungsstandes schwer.

Im Gegensatz dazu bietet der Handel aufgrund der stark wachsenden Mittelschicht grosse Chancen, wie Flury erklärt: «Mein Job in Ostafrika bringt mir viele Freiheiten, kommt jedoch auch mit gewissen Einschränkungen.

Mit dem Schweizer Pflichtbewusstsein und dem nötigen Geschäftssinn können innovative Unternehmen aufgrund der geringen Konkurrenz in vielen Marktbereichen etwas erreichen.

Dank diesen Voraussetzungen konnte sich die biozertifizierte Gewürzfirma «1001 Organic» in den letzten drei Jahren international etablieren.

Tansania Hägendorf Sansibar
Raphael Flury beim Begutachten der Nelkenproduktion. - z.V.g.

Modernität und Transparenz sind für Flury ebenso wichtig wie Fairness, wenn es um die Entlöhnung der Gewürzbauern vor Ort geht. «Mit diesen arbeiten wir Hand in Hand zusammen.»

Hauptsächlich Nelken, Zimt, Pfeffer, Muskatnuss, Vanille und Chilli werden hergestellt. Raphael Flury kauf den Bauern jeweils die ganze Ernte ab – und verfolgt die Produktion vom Setzling bis zum fertig verpackten Gewürz. Dabei soll die Qualität stets im Vordergrund stehen.

Sansibar Tansania Hägendorf
Von diesen Bio-Gewürzebauern bezieht Raphael Flury seine Gewürze. - Saskia von Moos

Gerade vergangene Woche hat Raphael Flury mit 1001 Organic einen Meilenstein erreicht: «Wir konnten unsere Bio-Kooperative von 70 auf 380 Kleinbauern erweitern.»

Arbeitsplätze für die Tansanier und ein regionales Produkt, welches weltweit Anklang findet; dafür setzt sich auch die Tansanische Regierung ein. Raphael Flury: «Das Toplevel des Handels- und Landwirtschaftsministerium arbeitet mit uns Hand in Hand und wir diskutieren regelmässig Hürden und Synergienien.»

Raphael Flury besucht mit einem Kunden den Bio-Bauernhof, auf dem Vanille wächst. - z.V.g.

Der Grossteil der Gewürzelieferungen geht nach Europa und Amerika – auf Zwischenhändler wird verzichtet. Vor Kurzem wurde auch der Schweizer Onlineshop lanciert: «Zum ersten Mal in der Geschichte des Gewürzhandels können wir direkt von den Tansanischen Feldern in Schweizer Haushalte liefern.»

Brauerei als zweites Standbein

Neben der Gewürzproduktion hat sich der Schweizer in den vergangenen Jahren ein weiteres Standbein aufgebaut: Eine Deutsch-Tansanische Bierbrauerei.

«Gutes Bier ist auch in Afrika sehr gefragt.» Flury ist im 2017 auf die Deutsche Twiga Brauerei gestossen, welche er und sein Partner im letzten Jahr übernommen haben.

Brauerei Twiga Sansibar
Damian Mosoka ist der leitende Brauer der Twiga Brewery. - z.V.g.

Innerhalb der Brauerei hat nach der Übernahme ein Rebranding stattgefunden, das Bier und die Mitarbeitenden sind geblieben. Zwei Sorten hat die Brauerei im Angebot: Twiga Stout und Twiga Ale.

Zuständig für das Brauen ist ein talentierter junger Mann, aufgewachsen im Serengeti Nationalpark, aus der Wildnis Afrikas.

Freiheit und Abenteuer statt Schweizer Komfort

Aktuell pendelt der Geschäftsführer wochenweise zwischen den Firmenstandorten Sansibar und Arusha.

Twiga Brauerei Sansibar
Zwei verschiedene Biersorten braut Twiga. - z.V.g.

Seine Heimat Hägendorf besucht Flury regelmässig auf Durchreise zu Kundenbesuchen oder im Urlaub. Auch mit seinem Freundeskreis aus der Gymnasiums- und Bezirksschulzeit hat er noch Kontakt.

In der Schweiz geniesst Flury den Komfort: «Alles, was in der Schweiz einfach ist, ist in Afrika vielfach komplizierter.»

Brauerei Gewürzfirma Sansibar
Raphael Flury mit der Gewürzkooperative und einer Kundin. - z.V.g.

Tansania bedeutet für den 30-Jährigen Freiheit, Abenteuer und Raum für unternehmerische Ideen. «Die Summe an Erfahrungen ist gross und die Vielfalt Tansanias beeindruckend.»

Ob und wann Raphael Flury zurückkommt, lässt er offen: «Die Schweiz ist in vielerlei Hinsicht sehr attraktiv.» Momentan geniesst er jedoch weiterhin die grosse Gastfreundschaft Tansanias und widmet sich ganz der Herstellung von Bier und Gewürzen.

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