Die Verfügbarkeit von attraktivem und bezahlbarem Wohnraum ist ein wesentlicher Standortfaktor für Berggebiete und ländliche Räume. Ein Gastbeitrag.
Fabian Collenberg
Fabian Collenberg. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Auch im Kanton Graubünden ist der knappe Wohnraum ein politisches Thema.
  • Begründet wird die Wohnungsnot unter anderem durch die vielen Zweitwohnungen.
  • In diesem Gastbeitrag wird auf diesen und weitere Gründe eingegangen.
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An der Februarsession des Grossen Rat sind mehrere Vorstösse für die Förderung von Wohnraum im Kanton Graubünden eingereicht worden. Die Problematik von fehlenden bezahlbaren Wohnungen wurde parteiübergreifend erkannt und wird in diesem Wahljahr wohl oft zur Diskussion stehen.

Die Gründe, welche zu einer Wohnungsmangellage geführt haben, sind vielfältig. In Gemeinden, welche gemäss Zweitwohnungsgesetz keine neuen Zweitwohnungen bauen dürfen, hat unter anderem Corona Einfluss gehabt.

In diesen Gemeinden sind die Preise für altersrechtliche Wohnungen gestiegen und entsprechend vorwiegend an Zweitheimische verkauft worden. In Tourismusorten, wo wegen der Initiative keine Ferienwohnungen mehr gebaut werden dürfen, ist die Umnutzung von altersrechtlichen Wohnungen die einzige Möglichkeit, den Zweitwohnungsmarkt zu bedienen.

Im Gegenzug verschwinden diese Wohnungen vom Erstwohnungsmarkt. Es fand an gewissen Ortschaften ein Ausverkauf der Dorfkerne statt. Diese Wohnungen sind nun teilweise nur an wenigen Wochen im Jahr bewohnt.

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Weiter fordert das revidierte eidgenössische Raumplanungsgesetz die Reduktion von überdimensionierten Bauzonen. Die Verknappung des Baulandes bei Nachfrage führt bekanntlich zu höheren Preisen.

Darüber hinaus ist es in peripheren Talschaften mit Bevölkerungsabwanderung für Investoren nicht attraktiv, sich im Erstwohnungsbau zu betätigen. Es fehlt darüber hinaus in den Regionen institutionelle Investoren.

Diese Auswahl an Gründen für die Wohnungsnot im Berggebiet des Kantons Graubünden ist nicht abschliessend. Trotzdem zeigen sie, dass die Entwicklungen im Bereich der Raumplanung auf Bundesebene grosse Auswirkungen haben auf die Regionen des Kantons Graubünden.

Wichtiger, als diese Probleme zu bewirtschaften, ist das Aufzeigen von Lösungsansätzen. Mit Lösungsansätzen haben sich schon zahlreiche Organisationen befasst.

So hat beispielsweise die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) im September 2022 einen interessanten Leitfaden für Gemeinden herausgegeben. In diesem Leitfaden werden Instrumente aufgezeigt sowie Praxisbeispiele erläutert.

Raumplanerische Instrumente

Um Einfluss auszuüben, stehen den Gemeinden raumplanerische Instrumente zur Verfügung. Auf kommunaler Ebene sind dies in erster Linie die Nutzungspläne und das dazugehörige Baugesetz.

Mit dem Zonenplan und dem Baugesetz können die Gemeinden die Nutzung der Parzellen bestimmen. Es gibt Gemeinden, welche versuchen, mit neuen Ideen die Nutzungsplanung zugunsten von bezahlbarem Wohnraum zu revidieren.

So hat beispielsweise die Gemeinde Sumvitg diese Möglichkeit erkannt und möchte im Rahmen der Revision der Ortsplanung einige Parzellen in der Fraktion Rabius als «Zone für Personalwohnungen» ausscheiden.

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In der Schweiz nimmt der Zweitwohnungsanteil zu. (Symbolbild)
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Ferienwohnungen zu vermieten ist ein Trend geworden.
Ferienwohnung
Sind besonders beliebt: Ferienwohnungen im Graubünden.

Im Baugesetz werden dazu die Vorschriften festgelegt. Mit dieser Massnahme sollen Personalwohnungen für die Mitarbeitenden des Gewerbes, Tourismus und des Gesundheitswesens entstehen. Gestützt auf das kantonale Recht können die Gemeinden auch Massnahmen zur «Mobilisierung» von gehortetem Bauland ergreifen, indem sie beispielsweise eine Baupflicht erlassen.

Um den Wohnungsbau zu steuern können Gemeinden mit dem Kauf von Liegenschaften eine aktive Wohnraumpolitik betreiben. Diese können die Gemeinden selbst überbauen oder im Baurecht abgeben.

Als Gemeinschaft bauen

Der gemeinnützige Wohnungsbau ist in den Berggebieten kaum verbreitet. Er bietet jedoch auch für Bergregionen Chancen. Es können preisgünstige Wohnungen nach dem Prinzip der Kostenmiete entstehen.

Die Unterstützung der Gemeinden für gemeinnütziger Wohnbauträger kann unterschiedlich sein. So können die Gemeinden beispielsweise Bauland zur Verfügung stellen.

Weiter kann sich die Gemeinde finanziell beteiligen oder durch Darlehen oder Bürgschaften Unterstützung leisten. Auf Bundesebene gibt es zudem für den gemeinnützigen Wohnungsbau Finanzierungsinstrumente wie der Fonds de Roulement.

Viele Jahrzehnte lautete in vielen Ortschaften des Kantons der Grundsatz, dass die Gemeinden sich nicht im Wohnungsmarkt einmischen sollen und somit Privatpersonen bzw. Investoren nicht konkurrieren sollten.

Diese Grundhaltung muss wahrscheinlich leicht korrigiert werden. Es soll sicherlich keine Konkurrenz entstehen. Die Gemeinden sollen dort unterstützen, wo Unterstützung nötig ist.

Die Rolle des Kantons

Nun stellt sich die Frage, welche Massnahmen der Kanton einleiten sollte. Parlamentarische Vorstösse fordern unter anderem die Revision des Gesetzes über den sozialen Wohnungsbau und die Verbesserung der Wohnverhältnisse im Berggebiet oder die Schaffung einer kantonalen gesetzlichen Grundlage zur Förderung von bezahlbarem Erstwohnraum.

Der politische Druck wird wohl so gross sein, dass die Regierung das Problem nicht komplett den Gemeinden delegieren kann. Um die Wohnungsnot zu lindern, benötigen die Gemeinden auf jeden Fall die Unterstützung des Kantons.

Obwohl es kein Patentrezept gibt und je nach Gemeinde unterschiedliche Massnahmen nötig sind, sind Gemeinden und Kanton im gleichen Boot. Gemeinsam lässt sich das Boot besser steuern!

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