Stadt wird regionale Flüchtlingsbetreuerin
Das kantonale Sozialamt hat die fünf sogenannten «Regionalen Partner» bestimmt, welche ab Juli 2020 im Kanton Bern Asylsuchende betreuen.

Der Auftrag geht in der Stadt Bern und Umgebung an die Stadt Bern. Die weiteren Partner sind das Rote Kreuz, die Firma ORS und der Verein Asyl Berner Oberland.
Wie das kantonale Sozialamt am Freitag mitteilte, erhält das Rote Kreuz den Betreuungsauftrag in den Regionen Bern-Mittelland und Berner Jura-Seeland. Nicht zum Zug kommt also im Seeland der Verein Asyl Biel & Region, der heute 2100 Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Personen in sieben Kollektivunterkünften betreut.
Die Firma ORS Service AG erhielt den Betreuungsauftrag für die Region Emmental-Oberaargau, der Verein Asyl Berner Oberland fürs Berner Oberland. In der Stadt Bern und der Umgebung wird die Heilsarmee Subakkordantin der Stadt Bern.
Das bedeutet laut einer Mitteilung der Stadt Bern, dass die Heilsarmee den Betrieb der Kollektivunterkünfte in der Stadt Bern, Bremgarten, Kirchlindach, Köniz, Muri, Ostermundigen und Zollikofen verantwortet.
Die Stadt Bern wird die Asylsozialhilfe, die Fallführung, die Individualunterbringung und die Arbeitsintegration der Asylsuchenden besorgen. Berns Bildungs- und Sozialdirektorin Franziska Teuscher freut sich laut Mitteilung über den Zuschlag. Damit könne die Stadt ihre bisherige Arbeit in diesem Bereich fortführen und ausbauen.
Personalabbau bei Heilsarmee
Die Heilsarmee ist nicht glücklich über die neue Situation. Sie schreibt in einer Mitteilung, der Entscheid bedeute für sie eine «starke Umstrukturierung». Ein Personalabbau werde «unumgänglich». Sie werde den Entscheid noch analysieren und weitere Schritte prüfen.
Der Entscheid fiel nach einer öffentlichen Ausschreibung nach den Kriterien der Welthandelsorganisation WTO. Er kann angefochten werden. Für die Firma ORS Service AG bedeutet der Zuschlag für die Asylregion Emmental-Oberaargau die Rückkehr in den Kanton Bern nach längerer Abwesenheit.
Mindestens vier Angebote pro Region
Das kantonale Sozialamt erteilte den Zuschlag für jede Region nach eigenen Angaben jenem Anbieter, der hinsichtlich Preis und Qualität das beste Angebot eingereichte. Die Angebote wurden gemäss den in der Ausschreibung festgehaltenen Kriterien bewertet.
Neben dem Preis wurden auch das Konzept zur Arbeitsintegration und zur Sprachförderung, die regionale Vernetzung und die Erfahrungen mit vergleichbaren Aufgaben in die Bewertung einbezogen.
Sieben Anbieter reichten 21 Angebote ein, die laut Sozialamt insgesamt von guter Qualität waren. Für jede Region standen mindestens vier Angebote zur Auswahl. Alle ausgewählten Anbieter sind oder waren bereits für den Kanton Bern tätig. Die regionalen Partner nehmen den Betrieb am 1. Juli 2020 auf.
Auslöser: Neue Bundes-Asylpolitik
Die Ausschreibung der regionalen Betreuungsaufträge geht auf die Neuorganisation des Asylwesens auf Bundesebene zurück. Der Kanton Bern passt seine Strukturen dieser Neuorganisation an und will «die Chancen des beschleunigten Asylverfahrens auf Bundesebene nutzen», wie er schreibt.
Mit der Neustrukturierung des bernischen Asylwesens wechselt die Zuständigkeit für den Asylsozialbereich von der Polizei- und Militärdirektion (POM) zur Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF). Die POM wird künftig nur noch für den Vollzug von Wegweisungen verantwortlich sein, die GEF wird für alle Belange der Asyl- und Flüchtlingssozialhilfe zuständig.
Ziel der Neustrukturierung ist, die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt deutlich zu erhöhen. Von der Neustrukturierung des Asylwesens erhofft sich die Berner Regierung auch einen Spareffekt. Die zwei Gesetzesänderungen, welche für die Neustrukturierung die Grundlage bilden, berät der bernische Grosse Rat im Sommer.