Sogenannte «Homo-Heilungen» sollen im Kanton Bern verboten werden. Der Grosse Rat hat am Mittwoch deutlich einem überparteilichen Vorstoss gegen den Willen der Regierung zugestimmt.
Frauenpaar in Frankfurter Park
Frauenpaar in Frankfurter Park - dpa/AFP/Archiv

Mit 90 zu 54 Stimmen bei 3 Enthaltungen überwies das Kantonsparlament die Motion aus den Reihen von Grünen, SP, AL, GLP, FDP, Mitte und SVP.

Sogenannte Konversionstherapien gehen davon aus, dass Menschen mit einer homosexuellen Veranlagung zu heterosexuellen Menschen «umgepolt» werden müssen. Die Therapien erfolgen in derFalschannahme, dass es sich bei Homosexualität um eine Krankheit handelt, die es zu heilen gilt.

Es sei an der Zeit, solche Therapien zu verbieten, betonte die Grossrätin Tabea Rai der Alternativen Liste (AL) eindringlich. Denn sie schadeten den Betroffenen. Oft komme es zu Angststörungen, mangelndem Selbstwert-, Scham- und Schuldgefühlen, Depressionen oder posttraumatischen Störungen.

Solche zweifelfhaften Therapieversuche würden oft von Laien durchgeführt, nicht von Fachpersonen, und fänden im familiären oder religiösen Umfeld statt, hielt Philipp Kohli (Mitte) fest. Erst wenn ein Straftatbestand vorliege, könne heute reagiert werden. Das sei ungenügend.

Solche Praktiken erinnerten an «schwarze Zeiten in der Vergangenheit», sagte Christoph Zimmerli (FDP). Der Kanton Bern könne nicht, wie vom Regierungsrat vorgeschlagen, auf eine Bundeslösung warten. Vielmehr müsse er selber aktiv werden in der Sache und den ihm zur Verfügung stehenden Spielraum nutzen.

Eine Ablehnung des Vorstosses empfahlen Vertreterinnen und Vertreter von EVP und EDU. Ein Verbot wäre ein Eingriff in die Freiheit, betonte EDU-Grossrat Samuel Kullmann. Ausserdem sei der Begriff der Konversionstherapie unscharf definiert. Wenn in einer Therapie Druck ausgeübt werde, gebe es heute schon Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.

«Hört auf damit, dass der Staat alles regeln soll», forderte SVP-Grossrat Matthias Müller. Er bezeichnete solche Therapien als groben Hokuspokus, für den es in Zukunft ohnehin keinen Markt mehr geben werde. Wer sich freiwillig so etwas unterziehe, solle das tun, bei Zwang greife das bestehende Gesetz.

Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) bat das Parlament vergeblich, die Verwaltung nicht mit Aufgaben zu beüben, die nichts brächten. Der Bund sei daran, sich des Themas anzunehmen. Dann habe man eine landesweite Regelung statt einen kantonalen Flickenteppich.

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