Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland sollen künftig einfacher und schneller ihre Rechte gegenüber Unternehmen geltend machen können und entschädigt werden.
Marco Buschmann im Kabinett Anfang Februar 2022
Marco Buschmann im Kabinett Anfang Februar 2022 - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Verbraucherschützer und Grüne kritisieren «viel zu kurze» Frist.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) legte am Donnerstag den Entwurf für ein Gesetz vor, das die EU-Verbandsklagenrichtlinie ab Juni umsetzen soll. Wichtigste Neuerung: Betroffene sollen etwaige Entschädigungen direkt erhalten. Die Grünen forderten Nachbesserungen.

Seit November 2018 gibt es – als Reaktion auf den VW-Dieselskandal – die Musterfeststellungsklage. Sie verhalf Betroffenen des Skandals 2020 zu 750 Millionen Euro Entschädigung. Doch das Verfahren gilt als zu kompliziert. Die Verbandsklage soll es ergänzen.

Deutschland muss die entsprechende EU-Richtlinie bis Juni umsetzen. Eigentlich hätte dies schon bis Ende Dezember erledigt sein müssen – es gab aber Streit innerhalb der Regierung.

Buschmann erklärte, Kernstück des Gesetzentwurfs sei das neue Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz: Es bündelt die Regelungen über die Musterfeststellungsklage mit den Regelungen zur Einführung einer neuartigen Klageform, der sogenannten Abhilfeklage. Damit können Verbraucherinnen und Verbraucher – wie bei der Musterklage – mithilfe bestimmter qualifizierter Verbraucherverbände ihre Ansprüche einklagen. Auch kleine Unternehmen können sich demnach einer Abhilfeklage anschliessen. Im Erfolgsfall zahlt ein gerichtlich bestellter Sachwalter die Entschädigung direkt an Betroffene aus.

Bislang müssen Verbraucherinnen und Verbraucher nach einer erfolgreichen Musterklage noch einmal vor Gericht ziehen. Im Dieselskandal hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) im Februar 2020 einen Vergleich mit VW ausgehandelt. Andere Betroffene klagten einzeln; der Bundesgerichtshof fällte im Mai 2020 sein Grundsatzurteil, dass betroffenen VW-Kunden Schadenersatz zusteht. VW bot danach Einmalzahlungen an. Auch im Verbandsklagerecht ist ein Vergleich ausdrücklich vorgesehen, wie aus dem Entwurf hervorgeht.

Schon bei der Musterklage gab es die Kritik, dass die Fristen zu kurz seien – Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich binnen zwei Monaten in ein Klageregister eintragen. Der vzbv erklärte, auch im Referentenentwurf zur Verbandsklage sei die Frist, in der sich Betroffene einer Klage anschliessen können, «viel zu kurz».

Laut Entwurf müssen sich Betroffene bis spätestens zu Beginn eines Verfahrens in ein Register eingetragen haben. Der vzbv forderte, Verbraucherinnen und Verbraucher müssten sich auch später entscheiden können, ob sie sich beteiligen. Das allein stelle sicher, dass sich möglichst viele Geschädigte einer Verbandsklage anschliessen können.

Auch die Grünen-Abgeordneten Till Steffen und Linda Heitmann forderten ein «spätes Opt-in»: Geschädigte müssten sich auch während eines Verfahrens und noch nach dem Urteil der Klage anschliessen dürfen. «So verhindern wir eine Flut von Einzelklagen und entlasten die Gerichte effektiv.»

Buschmann betonte dagegen, es müsse «zeitliche Grenzen geben, in denen man seine Ansprüche geltend machen muss». Das gebiete das Prinzip der Gerechtigkeit. Aus dem Ministerium hiesst es: «Würde man eine Anmeldung auch noch nach Verkündung des Urteils oder bis kurz vor dem Urteil zulassen, könnten Verbraucher ohne Risiko den Verfahrensablauf und damit etwa Hinweise des Gerichts und den Ausgang von Sachverständigengutachten abwarten. Das wäre keine faire Verteilung der Kosten und Risiken.»

In der Musterklage ist mit der Registrierung für angemeldete Verbraucherinnen und Verbraucher zugleich eine Verjährung ihrer Ansprüche ausgesetzt. Auch das soll laut Entwurf beibehalten werden. Hier forderten Steffen und Heitmann von den Grünen, die Verjährung müsse für alle Betroffenen unabhängig von einer Anmeldung gehemmt werden.

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