Sie mögen die Farbe Roségold und den letzten technischen Schrei im Bordcomputer: Autokäufer in China haben ihren ganz eigenen Geschmack. Um diesen noch besser zu treffen, hat der Autobauer Daimler in die Modernisierung des Zentrums für Entwicklung und Design von Mercedes-Pkw auf seinem mit Abstand wichtigsten Einzelmarkt investiert.
Mercedes-Benz
Die Zentrale der Daimler AG ist durch eine Flagge zu sehen, auf der der Stern von Mercedes-Benz abgebildet ist. - dpa
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Das Wichtigste in Kürze

  • Mit der Verstärkung an den Standorten Peking und Shanghai will Mercedes auch mit den Vorschriften von Regulierungsbehörden Schritt halten.

Drei Jahre nach Ankündigung des Plans soll nun das neue Mercedes-Benz Tech Center China in Peking am 20. Oktober eingeweiht werden. Es sei das erste Zentrum ausserhalb Deutschlands, in dem alles getestet werden könne, vom elektrischen Antrieb über die Luftqualität im Auto bis zu Lärmemissionen, erläutert ein Mercedes-Manager vor Ort gegenüber Reuters. «Hier haben wir endlich alles, was wir brauchen, um das Auto vollständig zu testen.»

Daimler hat umgerechnet rund 148 Millionen Euro in den Ausbau des Zentrums gesteckt. Dadurch ist es technologisch auf Augenhöhe mit der weitaus grösseren Forschungs- und Entwicklungszentrale in Sindelfingen bei Stuttgart. In der Forschung und Entwicklung von Daimler weltweit arbeiten rund 20'000 Mitarbeiter an 25 Standorten.

Mehr als die Hälfte von ihnen ist in Deutschland beschäftigt, ein Grossteil im grössten F&E-Zentrum in Sindelfingen. China ist nach Indien der drittgrösste Standort, dicht gefolgt von den USA.

In China für den chinesischen Markt Autos zu entwickeln und zu bauen ist schon länger ein Prinzip des Premiumherstellers. Mit den zusätzlichen Kapazitäten in Entwicklung und Design wolle Mercedes noch besser den Geschmack der Kunden in China erforschen, erklärt ein Insider.

Denn auch Mercedes steht wie die anderen ausländischen Autohersteller in China unter wachsendem Druck durch chinesische E-Auto-Startups wie Xpeng, Li Auto und Nio. Ihre schnittigen Elektrofahrzeuge mit Hightech-Funktionen sind auf chinesische Konsumenten zugeschnitten und recht erfolgreich. Deshalb ziele die Strategie darauf, sowohl mit dem Design als auch der Technologie schneller auf neue Vorgaben und Trends reagieren zu können.

Den Talentpool Chinas anzuzapfen gilt als ein wichtiger Erfolgsfaktor dafür, den Geschmack der Kunden zu treffen. Daher zieht das Designstudio von Mercedes in China von Peking nach Shanghai um. Die Metropole gilt als Hauptstadt des Automobildesigns. Dort sässen die meisten Anbieter für virtuellen Modellbau. «Ausserdem ist es in Shanghai viel einfacher, Designtalente zu rekrutieren», sagt eine Kenner.

Chinesische Mercedes-Fahrer sind im Schnitt nämlich 36 Jahre alt - etwa 20 Jahre jünger als in Deutschland - und technisch sehr versiert. Anders als die deutschen Kunden sind sie allerdings weniger markentreu - viele wechseln von Hersteller zu Hersteller, wenn sich die Trends ändern.

Für chinesische Kunden sind ausserdem manche Funktionen wichtiger: Gefragt seien digitale Anwendungen, die den technologischen Ansprüchen der Chinesen gerecht werden, erklärt auch Bill Russo, Chef der Beratungsfirma Automobility in Shanghai.

Das Infotainment-System von Mercedes-Benz, MBUX, ist zum Beispiel so programmiert, dass es bei Sprachbefehlen die regionalen Dialekte von Sichuan oder Kanton versteht. «Solche Lösungen müssen von Leuten konzipiert und gebaut werden, die in China leben und das mobile Internet wirklich verstehen.»

Mercedes erforscht schon länger die Vorlieben jüngerer Luxusgüterkäufer in China. So haben viele neuerdings ein Interesse an Vintage-Stilen, die von Chinas historischen Dynastien inspiriert sind.

Als Stilelement entwickelte das Designstudio deshalb den Farbton Roségold-Metallic, der 2018 erstmals als Karosserie-Lack Aussenfarbe für die Mercedes-Benz A-Klasse in China verwendet wurde. Neue Elektrofahrzeuge wie der EQA und EQB sind nun in Roségold zu erhalten, und auch im Innenraum des EQC ist es ein beliebter Farbton. Manche für China gedachten Ideen liessen sich womöglich auch weltweit verkaufen, erklärt ein Insider. «Globale Ideen, inspiriert von China.»

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