Klöckner will Arbeitslose und Flüchtlinge als Erntehelfer einsetzen
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) will den Mangel an ausländischen Erntehelfern wegen der Corona-Krise mit Arbeitslosen und Flüchtlingen auffangen.

Das Wichtigste in Kürze
- Bauernverband zeigt sich offen - Kritik von Gewerkschaft.
Einen entsprechenden Vorschlag machte Klöckner Medienberichten zufolge in Schreiben an Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Ziel sei es, «Engpässe in der Versorgung zu vermeiden». Gewerkschaften übten scharfe Kritik an dem Vorschlag und forderten, die Landwirtschaft müsse zur Gewinnung von Arbeitskräften die Löhne erhöhen.
Klöckner reagierte mit ihrem Vorstoss auf Warnungen des Deutsche Bauernverbands (DBV), der angesichts der Grenzschliessungen wegen der Corona-Pandemie einen akuten Mangel an Erntehelfern aus dem Ausland erwartet. Die meisten Saisonarbeitskräfte auf deutschen Feldern kommen aus Rumänien und Polen.
«Bei andauernden Schwierigkeiten, genügend Saisonarbeitskräfte zu bekommen, ist es sinnvoll, die Attraktivität der Landwirtschaft, des Garten- und Weinbaus für geeignete Arbeitskräfte im Inland und auch die Vermittlungstätigkeit zu erhöhen», schrieb Klöckner nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung an Braun. «Dieses Angebot sollte an Kurzarbeitende, aber auch an Arbeitslose und anerkannte Asylbewerber, die noch nicht über eine Arbeitserlaubnis verfügen, gerichtet sein.»
Dabei hat Klöckner offenbar Migranten aus bestimmten Ländern im Blick. «Der ein oder andere aus sicheren Herkunftsländern wie Albanien, Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, aus Nordmazedonien, Montenegro, Serbien oder auch dem Senegal könnte durchaus Interesse an der Arbeit in der Landwirtschaft haben», schrieb Klöckner laut Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) an Heil. «Das Arbeitsverbot könnte ja nicht generell, sondern zeitlich befristet aufgehoben werden.» Hierzu habe sie bereits mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) Kontakt aufgenommen.
Klöckner empfiehlt dem Bericht zufolge überdies zu prüfen, ob einheimische Arbeitskräfte, die nun auf Kurzarbeitergeld angewiesen sind, und Selbstständige in Kleinstbetrieben, die derzeit keine Einkünfte erzielen, Interesse an einer vorübergehenden Tätigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft haben.
Auch der Bauernverband ist um Ersatz für osteuropäische Saisonarbeiter bemüht. «Es sind alle willkommen, die uns Bauern unterstützen wollen und können - egal aus welcher Branche sie kommen», sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied dem RND.
Jede Hand werde benötigt, nicht nur für Saisonprodukte wie Spargel. «Wir brauchen die Helfer beispielsweise beim Auspflanzen von Gemüse, bei der Pflege unserer Kulturpflanzen und natürlich bei der Ernte. Auch in den Ställen, etwa beim Melken, sind diese Unterstützer notwendig», sagte Rukwied.
Scharfe Kritik an Klöckners Vorschlag kam von Gewerkschaftsseite. «Die Not der Landwirte ist verständlich, aber dies darf jetzt nicht missbraucht werden, um soziale Standards zu schleifen, wie Frau Klöckner es vorschlägt», erklärte Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB).
«In der Landwirtschaft rächt sich jetzt, dass das gesamte System seit Jahrzehnten auf Billiglohn, Sozialdumping, unzumutbare Bedingungen und Ausbeutung osteuropäischer Arbeitskräfte ausgelegt ist», erklärte Buntenbach weiter. Die Landwirtschaft müsse für die schwere Arbeit bessere Lohn-, Arbeits- und Unterkunftsbedingungen anbieten, dann liessen sich Arbeitskräfte gewinnen.