Foodwatch fordert strengere Gesetze gegen an Kinder gerichtete Junkfood-Werbung
Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert strengere Regeln für Junkfood-Werbung: Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Grüne) müsse Kinder vor Werbung für ungesunde Lebensmittel schützen, erklärte Foodwatch am Freitag.

Das Wichtigste in Kürze
- Ampel-Parteien haben im Koalitionsvertrag Beschränkungen vereinbart .
Unterstützung erhielt die Organisation von Gesundheitsverbänden. Wirtschaftsvertreter kritisierten die Forderung scharf.
Die Lebensmittelindustrie werbe mit beliebten Social-Media-Influencern, Comic-Figuren und TV-Spots vor allem für ungesunde «Zucker- und Fettbomben», erklärte Foodwatch. Kinder und Jugendliche ässen daher zu viel Süssigkeiten und Snacks und zu wenig Obst und Gemüse. Bei einer Demonstration vor Özdemirs Ministerium in Berlin forderten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein Gesetz, das an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel im Fernsehen und im Internet zwischen 6.00 Uhr und 23.00 Uhr verbietet.
Foodwatch verwies auf Empfehlungen etwa der Weltgesundheitsorganisation, der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und der Deutschen Diabetes Gesellschaft, wonach Minderjährige maximal zehn Prozent der täglichen Kalorien durch sogenannte freie Zucker aufnehmen sollten. Tatsächlich aber nähmen Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis 18 Jahren in Deutschland 16,3 Prozent ihrer Tagesenergie aus freien Zuckern auf - das seien 63 Prozent mehr als empfohlen.
Umgerechnet erreichen sie damit am 224. Tag im Jahr, dem 12. August, ihr Zucker-Limit für ein ganzes Jahr. Am Freitag sei also «Kinder-Überzuckerungstag», erklärte Foodwatch.
Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland, bezeichnete dies als «polemische PR-Aktion». Den Verbraucherschützern warf er vor, «mit überspitzten Behauptungen, die bewusst Ängste bei Verbrauchern schüren, Aufmerksamkeit und Spendengelder generieren» zu wollen.
Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker kritisierte, Foodwatch konzentriere sich fälschlicherweise auf eine Produktgruppe. Dabei sei «für das Körpergewicht die Kalorienbilanz entscheidend. Wer insgesamt mehr Kalorien zu sich nimmt, als er verbraucht, nimmt zu», erklärte der Geschäftsführer der Vereinigung, Günter Tissen. Er warb dafür, Bewegung bei Kindern zu fördern.
In ihrem Koalitionsvertrag haben die Ampel-Parteien vereinbart, die an Kinder gerichtete Werbung für Ungesundes beschränken zu wollen. «An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt darf es in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben», heisst es dort. Einen Gesetzentwurf habe die Bundesregierung jedoch bislang noch nicht eingebracht, kritisierte Foodwatch.
Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft, schloss sich der Forderung nach Werbebeschränkungen an. «Werbung für überzuckerte Süsswaren, salzige Chips und fettiges Fast-Food hat in Kinderzimmern nichts verloren», erklärte sie. «Hier ist die Bundesregierung in der Pflicht, ein Werbeverbot für ungesunde Kinderlebensmittel ist ein dringend notwendiger erster Schritt.»
Mädchen essen Foodwatch zufolge im Durchschnitt mehr als 60 Gramm freie Zucker pro Tag, obwohl sie maximal 38 Gramm zu sich nehmen sollten. Bei Jungen sind es im Schnitt mehr als 70 Gramm freie Zucker pro Tag, obwohl sie nicht mehr als 44 Gramm verzehren sollten.
Als freie Zucker werden Zuckerarten bezeichnet, die zum Beispiel Lebensmittelhersteller ihren Produkten zusetzen, sowie der in Honig, Sirup, Fruchtsaftkonzentraten und Fruchtsäften natürlich enthaltene Zucker. Natürlicherweise in Früchten oder Milchprodukten vorkommender Zucker fällt nicht darunter, wie Foodwatch erläuterte.