Die Zukunft der Credit Suisse stand schon lange unter schlechten Sternen. Trotzdem überrascht der Untergang. Experten warnen: Die UBS geht ein Risiko ein.
Credit Suisse UBS
Erst nach langer Diskussion willigte die UBS ein, die angeschlagene Credit Suisse zu übernehmen. Dass dies beste Lösung war, bezweifeln hiesige Ökonominnen und Ökonomen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit gestern steht fest: Die beiden Grossbanken CS und UBS werden eins.
  • Schuld am Untergang der Credit Suisse ist vor allem der Vertrauensverlust.
  • Ob die neue Mega-Bank jedoch sicherer sein wird, bezweifeln Experten.
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«Es ist ein historischer, trauriger und sehr herausfordernder Tag». Mit diesen Worten erklärt Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann am gestrigen Sonntag den Untergang seiner Credit Suisse. Nach fast 167 Jahren Existenz wird die traditionsreiche Bank für drei MilliardenFranken von der UBS aufgekauft.

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Axel Lehmann, Präsident der Credit Suisse (l), spricht neben Colm Kelleher, Präsident der UBS, während der Pressekonferenz zur Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. - keystone

Wirklich glücklich scheint über den Deal jedoch auch die UBS nicht zu sein – im Gegenteil. Die Schweizer Grossbank hatte an der Medienkonferenz mehrfach betont, dass sie die Übernahme weder gewollt noch darauf hingearbeitet habe.

Auch Experten zweifeln. Jérôme Schupp, Finanzanalyst von Prime Partners, warnt gegenüber Nau.ch vor der mangelnden Sicherheit. «Die neue Mega-Bank ist ein Risiko».

Mega-Bank muss besser überwacht werden

Als gefährlich dürfte sich vor allem die gigantische Bilanzsumme entpuppen, so der Banken-Kenner. Denn diese entspricht dem Zweifachen des Schweizer Bruttoinlandprodukts.

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Jérôme Schupp, Finanzanalyst von Prime Partners - prime-partners.com

Zum Vergleich: Die Bilanzsumme von JPMorgan, die weitaus grösser ist als die neue CS-UBS-Bank, entspricht nur 15 Prozent des amerikanischen BIP. «Die Finma wird also ihre Kompetenzen und ihre Überwachung erhöhen müssen», meint Schupp.

Die Erfahrung mit solchen erzwungenen Hochzeiten sei darüber hinaus eher durchzogen, heisst es bei den Experten von Capital Economics. So gebe es zwar positive Beispiele, wie die Barings-Übernahme durch ING.

Während der letzten Finanzkrise habe es aber auch Beispiele von Zwangsübernahmen gegeben, wo die Umsetzung mit massiven Problemen einherging. Oder die Käuferin gar selbst in Schwierigkeiten gebracht habe.

Aktie der Credit Suisse sackt erneut ab

Diese Unsicherheit zeigt sich auch beim heutigen Börsenstart. Bereits kurz nach 9 Uhr sackt die Aktie der Credit Suisse um mehr als 60 Prozent ab, jene der UBS um 8,6 Prozent. Weitere Turbulenzen sind nicht auszuschliessen – im Gegenteil.

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Die Aktie der Credit Suisse sackt zum Börsenstart am Montag ab. - Screenshot Google

Denn die Ungewissheit über die neue Megabank ist gross. So ist — Stand heute – unklar, wie lange die Aktien der Credit Suisse überhaupt noch gehandelt werden können. Ebenso, wie die UBS die neue Megabank führen wird.

Was passiert mit der Marke Credit Suisse? Werden die Vermögenswerte der Kundschaft überschrieben? Droht den Angestellten eine Massenentlassung? Fragen, die wohl erst nach einigen Wochen oder gar Monaten beantwortet werden können.

Kunden haben kein Vertrauen mehr

Interessant am Untergang der Credit Suisse ist vor allem die Tatsache, dass die Zukunft der einstigen Grossbank schon lange unter einem schlechten Stern stand. Hintergrund waren zahlreiche Skandale wie die Beschattung von Mitarbeitenden, die Zusammenarbeit mit Kriminellen oder die Investition in verlustreiche Risikogeschäfte.

Dass die Credit Suisse aber ausgerechnet jetzt wie ein Kartenhaus zusammenfällt, liegt vor allem am Vertrauensverlust ihrer Kundinnen und Kunden. So sollen gerade in den letzten Wochen täglich bis zu zehn Milliarden Franken an Kundengeldern abgeflossen sein.

Sind Sie überrascht über die Fusion zwischen der Credit Suisse und UBS?

Wenig überraschend, verloren dann auch die Anlegerinnen und Anleger allmählich ihr Vertrauen in die Schweizer Grossbank. Nach und nach verkauften sie ihre Anteile. Insbesondere letzte Woche, als die Silicon Valley Bank überraschend ihre Insolvenz bekannt gab.

Die Angst vor einer neuen globalen Finanzkrise war derart gross, dass die Aktien zahlreicher Banken absackten. Allen voran: jene der Credit Suisse. Sie verlor innert weniger Tage 70 Prozent an Wert und erreichte mit 1.86 Franken letzten Freitag ihr neustes Allzeittief.

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Bundespräsident Alain Berset (M), Finanzministerin Karin Keller-Sutter (l) und Thomas J. Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank, an einer Pressekonferenz. - keystone

Um die Insolvenz einer weiteren Bank zu verhindern, sah sich die Schweizer Regierung deshalb spätestens zu diesem Zeitpunkt gezwungen, einzugreifen. Während des gesamten Wochenendes beriet der Bundesrat gemeinsam mit hochrangigen Finanzexperten über die Zukunft der Credit Suisse. Bis es gestern Abend um 19.30 Uhr dann hiess, dass die UBS ihre Konkurrentin definitiv aufkauft.

«Es mussten Massnahmen ergriffen werden, um den ungeordneten Ausfall einer systemrelevanten Bank zu verhindern», begründet Nationalbank-Präsident Thomas Jordan den Entscheid. Ob die neue Mega-Bank aber wirklich die richtige Lösung für die globale Finanzwelt ist, wird die Zukunft zeigen.

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