Durch den massiven Fahrgasteinbruch in der Corona-Krise stehen der Deutschen Bahn Einbussen in Milliardenhöhe bevor.
Hauptbahnhof in Stuttgart
Hauptbahnhof in Stuttgart - AFP
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Das Wichtigste in Kürze

  • Konzern will unter anderem bei Personalkosten sparen .

Der Bund will dem Konzern deshalb unter die Arme greifen und plant eine Eigenkapitalerhöhung sowie eine Anhebung der Verschuldungsgrenze. Im Gegenzug soll auch die Bahn sparen - unter anderem bei den Personalkosten.

Wegen der Corona-Pandemie ist der Verkehr in allen Bereichen eingebrochen, wie aus einem gemeinsamen Papier der Bahn, des Finanz- und des Verkehrsministeriums hervorgeht, das AFP am Montag vorlag und über das zuerst die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichtet hatten. Besonders betroffen sind demnach der Fernverkehr mit einem Minus von rund 90 Prozent und der Regionalverkehr mit minus 80 Prozent. Aber auch im Güterverkehr gibt es einen Rückgang um etwa 40 Prozent.

Aktuell wird deshalb allein für dieses Jahr ein Umsatzausfall in Höhe von fünf Milliarden Euro beim Systemverbund Bahn angenommen. Für den gesamten Konzern einschliesslich der Grossbeteiligungen Arriva und Schenker werden die Einbussen für den Zeitraum 2020 bis 2024 in einem «Basisszenario» mit 11,0 Milliarden Euro beziffert. In einem «negativeren Szenario» mit einer langsameren Erholung belaufen sich die Einbussen demnach auf 13,5 Milliarden Euro.

Bis zu 5,1 Milliarden Euro soll der Konzern dem Papier zufolge durch «Gegensteuerungsmassnahmen» erbringen. Investitionen in die Schieneninfrastruktur, die auch ein wichtiger Eckpfeiler der Klimaschutzbemühungen der Bundesregierung sind, sollen aber «nur in geringem Umfang Teil der Gegensteuerung sein».

Stattdessen soll vor allem beim «Personal- und Sachaufwand» gespart werden. Vorgesehen ist etwa, dass der Vorstand für das Jahr 2020 keine Boni erhält. Auch die variable Vergütung von «oberen Führungskräften» soll angepasst werden. Strukturen sollen verschlankt und die Personalplanung auf den Prüfstand gestellt werden; auch Kurzarbeit wird genannt.

Beim Sachaufwand soll etwa der «Reise- und Repräsentationsaufwand angepasst» werden. Einsparungen soll es durch eine reduzierte Anmietung von Bürogebäuden für die Verwaltung geben, die durch mehr Telearbeit ermöglicht werde. Kein Schwerpunkt soll hingegen die «Rekrutierung von operativem Personal» sein, da dies Voraussetzung für die Verlagerung von mehr Verkehr auf die Schiene sei.

Die Bundesregierung plant, die restliche Finanzierungslücke beim Konzern durch eine Eigenkapitalerhöhung und eine Anhebung der Verschuldungsgrenze zu schliessen. Dabei soll «sehr zeitnah in den nächsten Wochen eine erste Tranche in Höhe von 4,5 Milliarden Euro» bereitgestellt werden. Die übrigen Mittel sollen zum Jahreswechsel 2020/2021 fliessen.

Stelle sich im vierten Quartal heraus, dass die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Bahn beeinträchtigt werde, sei «die Bundesregierung bereit, bei der Aufteilung der Schäden aus Sicht des Bundes angemessen nachzujustieren». Neben dem Haushaltsausschuss des Bundestages muss die EU-Kommission einer Eigenkapitalerhöhung zustimmen.

Bei der Verschuldungsgrenze gilt für den bundeseigenen Konzern bisher ein Rahmen von 25,4 Milliarden Euro. Hier will die Bundesregierung dem Papier zufolge «kurzfristig» einen Vorschlag vorlegen.

Die Bahn kommentierte das Papier auf Anfrage nicht. Ein Sprecher verwies auf die Aufsichtsratssitzung am Freitag.

Der Konzernbetriebsrat mahnte, Deutschland brauche «eine wirtschaftlich zukunftsfähige und leistungsstarke» Deutsche Bahn. «Daher erwarten wir von der Bundesregierung die Zusicherung einer dauerhaften und nachhaltigen finanziellen Grundlage für das Unternehmen», forderte der Vorsitzende Jens Schwarz.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sprach sich vehement gegen Einsparungen zu Lasten der Beschäftigten aus. «Jetzt an Personalkosten zu sparen, ist der völlig falsche Weg. Das ist mit uns nicht zu machen», erklärte EVG-Vize Klaus-Dieter Hommel.

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Thorsten Herbst forderte, «Steuermilliarden» für die Bahn dürfe es nicht ohne unabhängige Prüfung und Kontrolle geben. Es müsse genau geklärt werden, welchen Anteil die Corona-Pandemie tatsächlich an den Verlusten habe. Auch der bahnpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Matthias Gastel, verlangte, für Staatshilfen brauche es klare Bedingungen und strenge Kontrollmechanismen, «damit nicht ineffiziente Konzernstrukturen mit Steuergeld gefüttert werden».

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