2015 fliegt der Abgasskandal von VW auf. 2020 streiten Diesel-Käufer immer noch für ihr Recht und Geld. Ein Grundsatz-Urteil könnte ihnen nun den Weg ebnen.
Abgasskandal
VW droht im Prozess um den Abgasskandal eine heftige Niederlage. Foto: Julian Stratenschulte - dpa-infocom GmbH
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der deutsche Bundesgerichtshof hat betreffend den VW-Abgasskandal einen Urteil verkündet.
  • Herbert Gilbert, der erste Kläger, soll 25'616,10 Euro plus Zinsen erhalten.

Die finanziellen Folgen dürften schmerzhaft sein, der Imageschaden erst recht: Im Abgasskandal droht VW vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eine heftige Niederlage. Nach langem Warten wird in Karlsruhe am Montag das erste höchstrichterliche Urteil verkündet. Es ist eine entscheidende Weichenstellung - und die Tendenz ist schon absehbar.

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Der Karlsruher Bundesgerichtshof (BGH). Foto: Uli Deck - dpa-infocom GmbH

Unstrittig ist, dass VW Millionen Fahrzeuge mit einer illegalen Abgastechnik ausgestattet hat. Aber hat der Autobauer mit dem Abgasskandal seine Kunden damit auch vorsätzlich sittenwidrig geschädigt? Wenn ja, müsste der Konzern klagenden Käufern Schadenersatz zahlen. In der Verhandlung vor knapp drei Wochen haben die Richter schon durchblicken lassen, dass es darauf hinauslaufen dürfte.

Allerdings, so ihre vorläufige Einschätzung, gibt es gegen Rückgabe des Autos wohl nicht den vollen Kaufpreis zurück. Klagende Diesel-Besitzer müssten sich die gefahrenen Kilometer als Nutzungsentschädigung anrechnen lassen.

Erster Fall zum Abgasskandal wird untersucht

Vom Urteil zum Abgasskandal würden Kläger wie Herbert Gilbert, dessen Fall als erster vor den BGH-Richtern gelandet ist, profitieren. Seinen VW Sharan kaufte er 2014 von einem freien Händler, gebraucht, für knapp 31 500 Euro. Als im Herbst 2015 der Abgasskandal auffliegt, fühlt er sich getäuscht. Auch sein Auto ist mit einem EA189-Motor ausgestattet, durch dessen der Wagen die Abgas-Grenzwerte nur auf dem Prüfstand einhält.

Gilbert will, dass VW das Auto zurücknimmt und ihm den vollen Kaufpreis erstattet. Gilberts Auto ist nicht viel gefahren, Beim Kauf hat es 20 000 Kilometer auf dem Tacho. Als das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz 2019 seinen Fall verhandelt, sind es gut 72 000 Kilometer. Die OLG-Richter kommen zu dem Schluss, dass Gilbert von VW gezielt getäuscht wurde.

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Kläger Herbert Gilbert vor Verhandlungsbeginn am BGH - POOL/AFP

Tatsächlich sei es ohne das vom Kraftfahrt-Bundesamt angeordnete Software-Update von der Stilllegung bedroht. Trotzdem trotzdem habe Gilbert das Auto mehrere Jahre gefahren, also auch einen Vorteil gehabt. Das muss er sich anrechnen lassen. Im Ergebnis sprechen ihm die Richter genau 25'616,10 Euro nebst Zinsen zu.

Wem das Urteil hilft

Wichtig ist, dass längst nicht alle betroffenen Diesel-Käufer Schadenersatz bekämen. Nur wer selbst geklagt hat, kann überhaupt profitieren. Und Grundvoraussetzung ist auch hier, dass über die Klage noch nicht abschliessend geurteilt wurde. Laut VW sind aktuell noch rund 60 000 Verfahren anhängig, also weder rechtskräftig entschieden noch per Vergleich beendet.

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Das VW-Hauptsitz in Wolfsburg. Der Autohersteller will keine Klagen im Zusammenhang mit dem Abgasskandal mehr einholen müssen. - dpa/dpa/picture-alliance

«Anlass für neue Klagen wird es kaum geben», betont der Konzern. Wer sich an der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentralen gegen VW beteiligt hat, verzichtet damit auf weitere Ansprüche.

Und dafür haben sich viele entschieden: Nach Konzern-Angaben wurden inzwischen rund 240 000 Vergleiche abgeschlossen, nur rund 1000 wurden widerrufen. Fälle, in denen bis heute nicht geklagt wurde und die auch nicht zum Musterverfahren angemeldet waren, sind laut Volkswagen verjährt.

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