Sam Urech (35) aus dem Zürcher Oberland ist Halleluja-Kolumnist. Er schreibt auf Nau.ch das Wort zum Freitag.
Sam Urech.
Sam Urech ist Kolumnist auf Nau.ch. - zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Sam Urech aus dem Zürcher Oberland ist Halleluja-Kolumnist auf Nau.ch.
  • Sind Sie seiner Meinung? Eher nicht? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.
  • Den Autor erreichen Sie unter sam@hisam.ch oder auf Social Media.
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Lieber Kolumnengast. Auch wenn Sie kein Christ sind, dürfen Sie selbstverständlich weiterlesen. Aber meine heutige Kolumne ist in erster Linie an Christen gerichtet.

Ich war den Tränen nah, als ich die Geschichte von Don Giuseppe Berardelli (†72) las. Ein infizierter Priester aus Bergamo, der sein Atemgerät einem anderen überliess und starb.

Und das, obwohl die Kirchgemeinde des Priesters das Gerät extra für ihn kaufte. «Spiegel», «BBC» und viele weitere berichteten von ihm. Unzählige Christen feierten Don Giuseppe in Whatsapp-Gruppen und auf Facebook.

Das Problem: Die Geschichte stimmt kaum. Don Giuseppe war bestimmt ein wunderbarer Mensch. Aber das Gerät, das übrigens dem Krankenhaus gehörte, wurde ihm abgenommen, weil er es nicht ertragen konnte.

Ein Atheist findet zu Gott?

Oder dann die Geschichte von Dr. Iulian Urban. Ein Arzt aus der Lombardei, der Atheist war, aber mitten im Corona-Horror zu Gott fand.

Die Geschichte tauchte ursprünglich auf einer rumänischen Facebook-Page («Ortodoxia Tinerilor») auf. In drei verschiedenen Ausführungen. Eine davon ging viral.

Irgendwann fand prompt jemand ein Foto von Dr. Urban:

Nicola Sgarbi.
Nicola Sgarbi, ein Arzt aus Modena, - zvg

Das Problem: Die Geschichte stimmt kaum, denn niemand in der Lombardei kennt einen Mediziner mit Namen Iulian Urban.

Ach und auf dem Foto ist übrigens Nicola Sgarbi zu sehen. Ein Arzt aus Modena, der das Bild auf Facebook stellte und dazu schrieb: «Ich mag keine Selfies. Gestern habe ich dieses Foto nach 13 Stunden auf der Intensivstation gemacht.»

Mit Fake News ehren wir Gott nicht

Auch wenn uns Geschichten berühren und wir so gerne von Gottes Wundern erzählen: Könnten wir uns etwas zurückhalten mit dem Verbreiten von Fake News?

Und gleich noch eine Bitte: Bitte wehren wir uns gegen Menschen, die im Namen Gottes Schwachsinn erzählen.

John Magufuli, der Präsident Tanzanias, wird von so vielen Christen gefeiert, weil er die Kirchen und Moscheen nicht schliessen will und zu Gottesdiensten aufruft. Gott sei stärker als das Coronavirus, sagt er.

Natürlich ist Gott stärker als Corona. Aber Gott lässt Dinge zu auf dieser Welt, die uns nicht gefallen. Darum hat er uns glücklicherweise auch einen Verstand geschenkt.

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Auf Gott vertrauen UND nachdenken

Ist das nicht etwas heuchlerisch, bei Corona auf Gott zu vertrauen, aber dann im Auto den Sicherheitsgurt zu ziehen? Oder ist etwa Jesus nicht stärker als jeder Autounfall?

Ist er nicht auch stärker als jede Armut im Alter? Warum füllen wir dann unsere Säule 3a?

Es ist super, wenn wir auf Gott vertrauen. Aber wir sollten auch nachdenken! Nachdenken darüber, was wir verbreiten und was wir gutheissen.

Unrecht bitte nicht abfeiern

Ich finde es traurig, dass in Nairobi die Polizei eine katholische Messe mit Tränengas auflösen muss, weil die Gläubigen nicht gehorchen wollen.

Oder wenn sich Pastor Guillermo Maldonado aus Miami lustig darüber macht, dass Menschen aus Angst vor Corona dem Gottesdienst fernbleiben.

Könnten wir bitte unsere Stimme erheben und solche Christen zurückpfeifen? Oder bitte zumindest nicht abfeiern in christlichen Foren.

Einander Mut machen

Was können wir stattdessen tun? Menschen ermutigen, zum Beispiel.

Zurecht klatschen wir für alle Mitarbeitenden im Gesundheitswesen. Grossartig, was die Menschen in weissen Kitteln leisten.

Die Schweizer Bevölkerung applaudierte dem Pflegepersonal. - Nau

Es gibt noch mehr Heldinnen und Helden, die wir dringend ermutigen sollten: Zum Beispiel Pöstlerinnen und Pöstler. Oder Angestellte von Grossverteilern.

Menschen wie Monika. Sie arbeitet in der Migros Wetzikon und füllt die Regale mit Backwaren auf.

«Danke vielmal, dass Sie hier arbeiten!»

«Es ist eine sehr spezielle Stimmung, die Leute sind gereizt und teilweise wütend. Wir versuchen, den Zweimeterabstand einzuhalten, aber wenn Kunden von allen Seiten zum Brot greifen, ist das oft schwierig», erzählt mir Monika.

Und sagt dann: «Aber gestern kam eine Kundin, schaute mich an und sagte ‹Danke vielmal, dass Sie arbeiten!› Das war sehr schön und ermutigend für mich.»

Kleine Gesten können derzeit so viel Grosses bewirken. Zum Negativen, aber auch zum Positiven.

Zum Autor:

Sam Urech ist 35-jährig. Er ist verheiratet und Vater eines kleinen Jungen (2). Er hat viele Jahre beim Blick als Sportjournalist gearbeitet, ist heute Inhaber der Marketing-Agentur «RatSam».

Sam liebt seine Familie, Guinness, Fussball, Darts, den EHC Wetzikon, Preston North End und vor allem Jesus Christus. Sam schreibt wöchentlich auf Nau.ch über seine unverschämt altmodischen Ansichten.

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