Der neue Roman von Giuseppe Gracia dreht sich um die junge Gloria und eine Castingshow. Dabei entdeckt die junge Schweizerin, was wirklich zählt im Leben.
Giuseppe Gracia.
Giuseppe Gracia, Schriftsteller, Publizist und Kommunikationsberater. - zVg
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Das Wichtigste in Kürze

  • Giuseppe Gracia (54) ist Schriftsteller, Publizist und Kommunikationsberater.
  • Sein neuer Roman «Glorias Finale» ist bei Nagel & Kimche, Zürich erschienen.

Castingshows gehören zum täglichen Fernsehgeschäft. Inzwischen gibt es auch Talentshows für Kinder. Sie sind Ausdruck einer zunehmenden Totalverwertung des Menschen.

Der Mensch wird nicht nur als Humankapital oder Konsument angesehen, sondern auch als Hochglanzprodukt, als feilgebotenes Objekt der Unterhaltungsbranche. Die Soziologin Astrid Ebner-Zarl vom Institut für Creative/Media/Technologies der Fachhochschule Sankt Pölten nennt einige Trends, die zur «Entgrenzung der Kindheit» führen, zum Beispiel die verstärkte Präsenz und Nutzung der digitalen Medien.

Ausserdem die Kommerzialisierung und Sexualisierung von Kindern. Gemäss Ebner-Zarl gleicht sich das Leben von Kindern immer mehr dem von Erwachsenen an.

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Globalisierung und Digitalisierung verstärken den allgemeinen Trend zur Ökonomisierung des Lebens. Die Castingshow ist ein Spiegel, in dem sich zeigt: auf die eine oder andere Weise stehen wir alle auf der Bühne des Lebens und müssen uns bewähren.

Alles wird zum Casting: das Jobinterview, die Datingplattform, das Büro, die Discothek. Im Fernsehen werden Menschen zum Augenfutter des Publikums. Im Scheinwerferlicht der Talentshow müssen sie Exerzitien der Härte durchstehen, als Gegenleistung winkt massenmediale Präsenz.

Giuseppe Gracia
Giuseppe Gracia, Autor und Kommunikationsberater. - zvg

Die Maximierung der Aufmerksamkeit ist das Ziel. Dafür machen sich Menschen selber zum Produkt, zur Projektionsfläche der Medienkonsumenten, frei nach der Logik: «Ich bekomme soviel Selbstbewusstein und Erfolg, wie ich Aufmerksamkeit generiere.»

Eine Rechnung, die in der Realität allerdings nur selten aufgeht. Eine Realität, die mich zu meinem neuen Roman «Glorias Finale» inspiriert hat.

Gloria ist eine (fiktive) junge Schweizerin aus einfachen Verhältnissen, die es ins Finale einer grossen, europaweiten Show schafft. Sie ist, wie viele junge Menschen, auf der Suche nach Berühmtheit, Erfolg und Glück. Sie glaubt, diese Dinge auf der Bühne zu finden, bis es zu einer unerwarteten Wende kommt.

Francomanias
Eine Show-Bühne mit Publikum. (Archivbild) - Francomanias /Anne Bichsel

Die Wahrheit ist, dass das Scheinwerferlicht den allermeisten Menschen kein Glück bringt. Dass viele Talente, denen der Durchbruch verwehrt bleibt, in die Depression abgleiten, manchmal sogar in den Suizid. Letzten Endes folgt die Castingshow einem gnadenlosen Prinzip, das wir heute alle irgendwie verinnerlicht haben, wenn es um Job und Karriere geht: «Ich beute mich selbst aus im Glauben, dass ich mich damit verwirkliche.» Das ist der grosse Trugschluss unserer Leistungs- und Castinggesellschaft.

Es wäre gesund, diesen Trugschluss zu überwinden. Es würde gerade jüngeren Menschen helfen, neu zu erkennen: im Zentrum eines glücklichen Lebens stehen nicht Arbeit oder Karriere. Diese Dinge können zwar Erfolg bringen, aber sie erfüllen nicht das Herz, sie wärmen nicht die Seele.

Das tun nur gute, stabile Beziehungen. Liebe, Freundschaft, Familie: das sind die Quellen, aus denen ein gelungenes Leben fliesst. Wer darauf vertraut und seine Zeit in Beziehungen investiert, hat beste Aussichten auf ein gutes Leben. Mit den Worten des Literaturnobelpreisträgers Hermann Hesse (1877-1962): «Glück ist Liebe, nichts anderes. Wer lieben kann, ist glücklich.»

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