Trotz der Veröffentlichung der Verträge zwischen der Bührle-Stiftung und Zürcher Kunstgesellschaft setzt sich die Zürcher Politik weiter damit auseinander.
Kunsthaus zürich vermisst zwei
Das Kunsthaus Zürich und die Bührle-Stiftung stehen in der Kritik: Der Betreuer des Gurlitt-Dossiers in Bern nannte den Zürcher Umgang mit der Provenienz zuletzt «unprofessionell». - sda - Keystone/WALTER BIERI
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Zürcher Stadtrat möchte sich mit dem Fall der Bührle-Stiftung auseinandersetzen.
  • Der Kunstsammler Emil Bührle soll Mädchen zu Hungerlöhnen arbeiten gelassen haben.
  • Fürsorgebehörden sollen über 300 Mädchen gegen ihren Willen zur Arbeit gedrängt haben.

Auch nach der Offenlegung der Verträge zwischen der Bührle-Stiftung und Zürcher Kunstgesellschaft wird die Bührle-Sammlung die Zürcher Politik weiterhin beschäftigen. Der Stadtrat will zum Thema Zwangsarbeit für Emil Bührle eine Studie in Auftrag geben.

Der Zürcher Stadtrat will historisch aufarbeiten lassen, ob und wie die Zürcher Fürsorgebehörde in die Ausbeutung von Menschen verwickelt war. Die sollte ab den 1930er-Jahren durch Zwangsarbeit geschehen sein. Dies geht aus einer Antwort des Stadtrats auf einen Vorstoss im Stadtparlament hervor.

Zwangsarbeit von minderjährigen Mädchen

Die Motion von Christine Seidler (SP) und 30 Mitunterzeichnenden erwähnt explizit auch den Waffenhändler und Kunstsammler Emil Bührle. Dieser liess in einer ihm gehörenden Spinnerei in Dietfurt SG ab 1941 im «Marienheim» internierte minderjährige Mädchen zu Hungerlöhnen arbeiten. Das berichtete der «Beobachter» im vergangenen Jahr.

Fürsorgebehörden sollten über 300 Mädchen gegen ihren Willen für die Spinnerei arbeiten gelassen haben. Die Arbeit in der Spinnerei soll faktisch Zwangsarbeit gewesen sein - obwohl diese in der Schweiz damals bereits verboten war.

Emil Bührle
Portrait des Zürcher Unternehmers und Kunstsammlers Emil Georg Bührle, aufgenommen im Jahr 1943. - keystone

Die historische Aufarbeitung, welche der Zürcher Stadtrat anstrebt, geht jedoch über die Mädchenheime hinaus. Sie soll verschiedene Bereiche fürsorgerischer Zwangsmassnahmen umfassen. In einem ersten Schritt soll abgeklärt werden, wo die grössten Lücken bestehen in der bisherigen Aufarbeitung.

Ebenfalls im Zürcher Gemeinderat hängig sind vier weitere Vorstösse rund um die Kunstsammlung von Emil Bührle. Gefordert wird unter anderem eine Neugestaltung der Ausstellung mit Bührles Bildern im Kunsthaus-Erweiterungsbau, unter Einbezug neuer historischer Erkenntnisse. Ein anderer Vorstoss fordert, dass die Bührle-Stiftung die Werke der Stadt schenken soll.

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