Werbeverbot im Aussenraum fordert der Berner Stadtrat
Der Berner Stadtrat fordert ein vollständiges Verbot von kommerzieller Werbung im Aussenraum – sowohl im öffentlichem Raum als auch auf privatem Grund. Mit 30 gegen 29 Stimmen hat er am Donnerstag einen entsprechenden Vorstoss angenommen.
Die Motionärinnen stammten aus den Reihen der Alternativen Linken sowie von GB, PdA, Juso und GaP. In Zeiten der Klimakrise sollte man den Konsum nicht noch aktiv fördern. Andere Städte seien mit gutem Beispiel vorangegangen, zum Beispiel Grenoble (F).
Dem Mitte-Rechts-Lager ging der Vorstoss zu weit. Er verstosse gegen übergeordnetes Recht, verletze Grundrechte wie die Wirtschaftsfreiheit, gefährde Arbeitsplätze und drohe ein Millionenloch in die Stadtkasse zu reissen.
Auch die rotgrün dominierte Stadtregierung bekämpfte die Motion. Angenommen wurde sie hauchdünn, weil die SP grossmehrheitlich Ja stimmte und sich die Grüne Freie Liste der Stimme enthielt.
Kritik an kapitalistischem System
Kommerzielle Werbung sei ein komplett sinnbefreites Produkt eines kapitalistischen Systems, das ohnehin ausgedient habe, sagte Anna Jegher namens der GB/JA-Fraktion. Zwar entgingen der Stadt dadurch jährlich fünf Millionen Franken an Konzessionen. Doch dafür verkaufe man den wertvollen Aussenraum nicht länger an Werbefirmen und Grosskonzerne.
Der Verzicht aufs Geld wäre gerechtfertigt, fand auch Raffael Joggi (AL/PdA). Im übrigen hätten die Motionäre nur die sogenannte Fremdwerbung im Visier. Lokale Geschäfte könnten an ihrem Standort weiterhin Reklame für sich machen, denn das falle unter Eigenwerbung.
Mirjam Roder sagte als GFL/EVP-Sprecherin, sie habe sich in Grenoble umgeschaut. Es sei wunderschön, wenn das Alpenpanorama nicht durch Werbeplakate verschandelt werde. Der Vorstoss nehme also ein wichtiges Anliegen auf. Allerdings brauche es Zeit, die Sache richtig aufzugleisen.
Ähnlich argumentierte Judith Schenk (SP/Juso). Auch Kleingewerbe und NGOs setzten bei der Kommunikation auf Aussenwerbung. Im Grundsatz ziele die Motion aber zurecht auf die kommerzielle Werbung von Grossunternehmen.
Verbot: Fluch oder Segen?
Verbote machen überall dort Sinn, wo es um die Schonung der gemeinsamen Ressourcen gehe. Nik Eugster (FDP/JF) warnte vor einem Eigentor: Menschen in Bern würden ihren Job verlieren, von den Werbern bis zu den Plakatierern.
Die Unternehmen würden mit ihrer Reklame einfach ins Netz abwandern, zu Grosskonzernen wie Google und Meta. Das könne nicht im Interesse der Stadt sein. Die Wertschöpfung der Werbeindustrie müsse hier bleiben.
Als «Schritt Richtung Steinzeit-Kommunismus» bezeichnete Alexander Feuz (SVP) den Vorstoss. Milena Daphinoff (Mitte) wies darauf hin, dass das städtische Reklamereglement bereits recht weit gehe und die Stadt unter anderem die Werbung in der Unesco-geschützten Altstadt massiv begrenzt habe.
«Zu viel Werbung macht krank, aber keine Werbung ist Nordkorea, das möchte ich auch nicht», sagte Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL). Er warb für einen Mittelweg, bei dem die Werbung für alle erträglich sei.
Blick auf Berns Vergangenheit
Früher habe es in Bern weit mehr Reklamen gegeben, besonders in der Altstadt, sagte der Stadtpräsident. Heute «haben wir eine recht gut regulierte Situation». Sogenannte Fremdreklamen seien in der Altstadt weitgehend ausgeschlossen, ebenso zum Beispiel in Gewässer- und Waldnähe.
Der Stadtrat nahm die Forderung hauchdünn an, wobei sich elf Mitglieder der Stimme enthielten. Weiter sprach er sich für ein vollständiges Verbot von Leuchtreklamen aus.
Auch in dieser Frage muss der Gemeinderat nun eine Vorlage ausarbeiten.
Im März 2023 hatten die Stimmberechtigten in der Stadt Genf die Initiative «Genève Zéro pub» mit knapp 52 Prozent der Stimmen abgelehnt. Die Initianten forderten ebenfalls ein Verbot von Werbung zu kommerziellen Zwecken, während kulturelle und erzieherische Plakate unangetastet bleiben sollten.