Was im Zollstreit mit den USA bisher geschah

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Bern,

Über Monate bemühte sich der Bundesrat um eine Lösung. Doch den US-Zoll-Hammer konnte er nicht abwenden. Eine Chronologie der Ereignisse.

Donald Trump
Die Zölle auf Importe aus der Schweiz in die USA fallen nicht tiefer, sondern höher aus als im April angekündigt. (Archivbild, Donald Trump) - keystone

Mit der Verhängung eines Zusatzzolls von 39 Prozent auf Importe aus der Schweiz durch US-Präsident Donald Trump nimmt eine kurvenreiche Geschichte eine unerwartete Wendung. Über Monate bemühte sich der Bundesrat um eine Lösung – und glaubte gute Karten in der Hand zu haben. Noch im Juli war die Landesregierung «guter Hoffnung». Den Zoll-Hammer konnte sie nicht abwenden. Eine Chronologie der Ereignisse.

20. Januar: Bei seiner Amtseinführung kündigt Trump Zölle gegen andere Staaten an. Nach eigener Aussage will er so die eigenen Bürger entlasten. «Es werden riesige Geldbeträge aus ausländischen Quellen in unsere Staatskasse fliessen», sagt er in seiner Antrittsrede nach seiner Vereidigung im US-Kapitol. Er werde sofort beginnen, das Handelssystem zu überarbeiten, «um amerikanische Arbeitnehmer und Familien zu schützen».

23. Januar: In einer Videoansprache am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos fordert Trump Unternehmen auf, in den USA zu produzieren: «Amerika ist zurück und offen für Geschäfte», sagt er. «Wenn Sie Ihr Produkt nicht in Amerika herstellen, was Ihr gutes Recht ist, dann werden Sie ganz einfach einen Zoll zahlen müssen.» Dieser könne unterschiedlich hoch sein, aber werde letztlich die US-Wirtschaft stärken.

1. Februar: Trump erklärt mehrere nationale Notstände im Hinblick auf den Fentanyl-Schmuggel in die USA und verhängt per Dekret Zölle von 25 Prozent auf Importe aus Kanada und Mexiko sowie von 10 Prozent auf Einfuhren aus China. Die Zölle auf die meisten Waren aus Kanada und Mexiko werden in der Folge wieder aufgehoben. Jene gegen China erhöht Trump am 4. März auf 20 Prozent.

3. Februar: Die Schweizer Wirtschaftsverbände äussern sich besorgt. Stefan Brupbacher, Direktor des Verbands der Schweizer Tech-Industrie (Swissmem), warnt vor negativen Auswirkungen der US-Zölle auf die Schweiz – und die Vereinigten Staaten selbst. «Die Zölle verunsichern, das ist Gift für die Weltwirtschaft», sagt er dem «Blick». Mit den Zöllen werde vieles teurer, insbesondere in den USA. Sollte die US-Wirtschaft ins Stocken geraten, hätte das auch Folgen für die Schweiz. Zugleich sehen die Wirtschaftsverbände einige Trümpfe in der Hand der Schweiz: Diese habe ihrerseits alle Industriezölle abgeschafft und sei ein wichtiger Investor in den USA.

2. März: In der Schweiz entbrennt angesichts der US-Zollpolitik eine innenpolitische Debatte über die richtige Antwort darauf. In einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» spricht sich die SP-Parteispitze gegen ein Freihandelsabkommen mit den USA aus. Angesichts der von den USA angedrohten Zölle auf EU-Produkte in der Höhe von 25 Prozent, sei es nicht der Moment, um über Freihandel mit den USA zu sprechen, sagt Co-Präsidentin Mattea Meyer. Zuvor hatte sich die Direktorin des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), Helene Budliger Artieda, für entsprechende Verhandlungen ausgesprochen.

9. März: Die US-Regierung setzt die Schweiz auf eine Liste der Länder mit «unfairen Handelsmethoden».

11. März: Die USA verhängen Zölle von 25 Prozent auf alle Importe von Stahl und Aluminium in die USA. Die Ökonomen des Prognoseinstituts BAK Economics senken ihre Vorhersagen für das Schweizer Wirtschaftswachstum.

Keller-Sutter: Nicht in Alarmismus verfallen

18. März: SECO-Chefin Helene Budliger Artieda trifft in Washington den Handelsbeauftragten von US-Präsident Donald Trump, Jamieson Greer. Die Schweizer Delegation teilt danach mit, man habe den Vorwurf unlauterer Handelspraktiken widerlegen können.

2. April: Trump verhängt Zölle auf Einfuhren aus fast allen Ländern. In Kraft treten sollen sie am 9. April. Der US-Präsident spricht von einem «Tag der Befreiung». Für die Schweiz beträgt der Satz 31 Prozent und ist damit deutlich höher als die Aufschläge von 20 Prozent auf Einfuhren aus der Europäischen Union in die USA.

3. April: Die Parteien sind sich uneinig über die Reaktion der Schweiz auf Trumps Ankündigung. Die SP findet, die Schweiz müsse nun «in enger Abstimmung mit der EU Haltung zeigen». Die Grünen schreiben, der Bundesrat müsse die Grundrechte und die Wirtschaft gegen die «autoritären Übergriffe» der USA verteidigen. Die Bürgerlichen setzen vorerst auf Verhandlungen mit Washington.

5. April: Man dürfe nach der Ankündigung Trumps nicht in Alarmismus verfallen, sagt Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter in einem Interview mit in einem Interview mit den Westschweizer Zeitungen «La Liberté», «ArcInfo» und «Le Nouvelliste». Jetzt gelte es, die Situation am Verhandlungstisch zu klären.

7. April: Bundesrat Guy Parmelin führt per Videoschalte ein erstes Gespräch mit dem US-Handelsbeauftragten Jamieson Greer.

9. April: Keller-Sutter telefoniert mit Trump. Man habe vereinbart, die Gespräche fortzusetzen, um Lösungen im Interesse beider Länder zu finden, schreibt sie danach auf der Plattform X. Wenige Stunden nach dem Telefonat setzt Trump die Zusatzzölle gegen fast alle Länder für 90 Tage aus.

25. April: Keller-Sutter erklärt nach einem Treffen an Rande der Jahrestagung von IWF und Weltbank, die Schweiz gehöre zu einer Gruppe von 15 Ländern, mit denen die USA eine rasche Lösung in der Zollfrage finden wollten. Bei dem Gespräch mit US-Finanzminister Scott Bessent sei vereinbart worden, eine gemeinsame Absichtserklärung auszuarbeiten, die hoffentlich rasch zu einem Verhandlungsmandat führen werde, erklärt die Bundespräsidentin.

Zölle auf Importe aus der Schweiz fallen höher

9. Mai: Keller-Sutter und Parmelin zeigen sich nach einem Treffen mit dem US‐amerikanischen Finanzminister Scott Bessent und dem US-amerikanischen Handelsbeauftragten Jamieson Greer in Genf zuversichtlich. Die USA hätten zugesagt, den Verhandlungsprozess weiter zu beschleunigen. Ganz aus dem Schneider sei die Schweiz aber noch nicht, schränkt Keller-Sutter ein.

10. Mai: Ebenfalls in Genf erklärt Scott Bessent, dass Schweizer Unternehmen neue Investitionen in Höhe von 150 bis 200 Milliarden Franken in den Vereinigten Staaten tätigen wollten.

28. Mai: Der Bundesrat verabschiedet einen Entwurf für ein Verhandlungsmandat. Wenige Tage später erklären sich die Aussenpolitischen Kommissionen beider Räte damit einverstanden.

25. Juni: Der Bundesrat beauftragt das Finanz- und das Volkswirtschaftsdepartement, die Verhandlungen mit den USA fortzusetzen. Vorrangiges Ziel ist, möglichst rasch eine gemeinsame Absichtserklärung mit Washington zu vereinbaren.

4. Juli: Wenige Tage vor Ablauf der Frist für Zoll-Verhandlungen kündigt Trump an, er werde in den kommenden Tagen andere Staaten per Brief informieren, welche Zollsätze künftig für sie gälten. In den folgenden Tagen verschickt Trump tatsächlich mehrere derartige Briefe. Keines der Schreiben ist an die Schweiz gerichtet.

8. Juli: Bundesrat Albert Rösti bestätigt am Rande eines Medienausflugs auf dem Moléson im Kanton Freiburg, dass der Bundesrat von den Verhandlungen mit Trumps Administration Kenntnis genommen habe. Die Landesregierung sei «guter Hoffnung». Inhaltliches oder Details der entsprechenden Absichtserklärung gibt er nicht preis. «Jetzt warten wir auf die Zustimmung der Administration Trump, das heisst von Trump selber», sagt Rösti im Videointerview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Und weiter: «Jetzt gilt es, abzuwarten, ob Trump dem zustimmt.»

31. Juli: Keller-Sutter gibt auf X bekannt, dass Trump nicht einverstanden sei mit der von seinen Untergebenen ausgehandelten Absichtserklärung. Vor der Veröffentlichung des Beitrags telefoniert die Bundespräsidentin nochmals mit Trump.

1. August: Die Zölle auf Importe aus der Schweiz in die USA fallen nicht tiefer, sondern höher aus als im April angekündigt: Das Weisse Haus erwähnt die Schweiz auf einer Liste zu den US-Zöllen mit 39 Prozent. In Kraft treten sollen die Zölle am 7. August.

Kommentare

User #125 (nicht angemeldet)

mit andern worten, nichts ist passiert, ausseer dass keller-sutter heute feiert. früher wurden hexen vernrannt, heute werden sie bundesrat.

User #2298 (nicht angemeldet)

Übrigens - gemäss Gggl-KI exportierte die Schweiz 2024 pharmazeutische Produkte im Wert von ca 30 Milliarden in die USA - was mit Abstand der grösste Exportbrocken ist, und also 'vorläufig' von Zusatzzöllen verschont ist. Also ein Teilerfolg der Schweiz - die KMUs trifft's natürlich hart, aber das ist halt so in der Welt der grossen Haie...

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