Vorbild Zürich: Mehrere Schweizer Städte prüfen ÖV-Vergünstigungen
Mehrere Schweizer Städte prüfen zur Zeit Vergünstigungen im öffentlichen Verkehr. Zürich sagte vor einer Woche an der Urne Ja zu billigeren Abos.

Das Wichtigste in Kürze
- Nach Zürich soll es auch in Luzern günstigere Abos für den öffentlichen Verkehr geben.
- Auch in anderen Städten laufen solche Bemühungen.
- ÖV- Verbände sehen diese Verbilligungen aber kritisch.
Am vergangenen Sonntag stimmten die Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher entgegen der Empfehlung des Stadtparlaments für vergünstigte Abos im öffentlichen Verkehr für alle.
Inspiriert davon gelangte in Luzern diese Woche die Fraktion der Grünen/Jungen Grünen an den Grossen Stadtrat. Es heisst dort, für die Stadt sei ein vergünstigtes ÖV-Abo finanziell problemlos tragbar.
Der Stadtrat solle darum «zügig» ein ÖV-Abo für alle Luzerner für den Preis von 365 Franken statt wie heute 747 Franken einführen.
Basel-Landschaft will sich Basel-Stadt angleichen
Der Grosse Rat Basel-Stadt beschloss letztes Jahr, dass Kantonsangestellte das «U-Abo» um 300 Franken vergünstigt erhalten sollen. Dies gilt für den ganzen Tarifverbund Nordwestschweiz, der auch den Kanton Basel-Landschaft sowie Teile von Solothurn, Aargau sowie des deutschen und französischen Grenzgebiets umfasst.
Hängig ist derweil eine am 1. September eingereichte Volksinitiative mehrerer Jungparteien im Kanton Basel-Landschaft. Sie fordern, dass Baselbieter Fahrgäste unter 25 gleich viel bezahlen wie im Nachbarkanton Basel-Stadt.
Seit April 2024 bezahlen junge Fahrgäste im Stadtkanton 365 Franken pro Jahr, während es im Baselbiet 542 Franken sind.

Auf Antrag der linken Parlamentsmehrheit prüft zudem die Stadtregierung von Bern derzeit eine Vergünstigung der Abonnements für Kinder und Jugendliche. Junge Erwachsene unter 26 Jahren fahren bereits vergünstigt. Im Kantonsparlament wiederum wurden mehrere Vorstösse mit ähnlich lautenden Forderungen abgelehnt.
Gratis-ÖV für alle war in der Stadtpolitik in den letzten Jahren ebenfalls ein Thema, eine Volksinitiative wurde von der Stadtregierung und dem Verwaltungsgericht letztendlich als ungültig erklärt. Sie sei nicht mit der Bundesverfassung vereinbar.
Zürich denkt über Gratis-ÖV für Kinder nach
In Zürich denkt die SP auf kantonaler Ebene über Vorstösse für Gratis-ÖV insbesondere für Jugendliche und Kinder nach, wie SP-Co-Fraktionspräsidentin Sibylle Marti auf Anfrage sagte.
Auch im Tessin gibt es Bestrebungen, dass junge Menschen ein günstigeres Abonnement bekommen sollen. Anfang Monat übergab die Associazione traffico e ambiente (ATA) der Staatskanzlei über 5600 Unterschriften.

Ziel der Petition ist es, ein Jahresabonnement «Arcobaleno» für junge Menschen (6-24 Jahre) zum Preis von 600 Franken pro Jahr vorzuschlagen, das in allen Zonen der Tarifgemeinschaft Arcobaleno gültig ist. Jugendliche bezahlen heute 1280 Franken für ein Jahresabonnement in allen Zonen.
Im Südkanton fahren zudem Touristen, die in «500 Partnerunterkünften» wie zum Beispiel im Hotel oder auf dem Campingplatz logieren, gratis.
Gratis-ÖV in Genf bis 24 Jahre «sehr erfolgreich»
Im Mai 2024 beschloss das Kantonsparlament von Genf, dass in der Stadt Genf Jugendliche bis zum Alter von 24 Jahren die öffentlichen Verkehrsmittel künftig kostenlos nutzen können. AHV- und IV-Bezüger zahlen nur die Hälfte des regulären Abos.
Durch die Initiative zur Verbilligung wurde auch die Zuständigkeit für die Festlegung der Tarife an den Grossen Rat Genf übertragen. Der Souverän behielt diese Position im November 2024 durch ein Referendum bei und lehnte es ab, dem Staatsrat die Festlegung der Tarifstruktur zu überlassen.
Diese Massnahme trat im Januar 2025 Kraft, sie sei «sehr erfolgreich». Von den 94'000 Begünstigten seien 54 Prozent Neukunden, so das Genfer Departement für Gesundheit und Mobilität. Die Nettokosten der Massnahme belaufen sich auf 45,5 Millionen Franken pro Jahr.
ÖV-Verbände kritisch
Verkehrsverbände stehen Vorstössen zur generellen Vergünstigung des öffentlichen Verkehrs kritisch gegenüber. Wenn die Erträge aus den Billett- und Aboverkäufen sinken, drohe das Geld für gutes ÖV-Angebot in Zukunft zu fehlen.
Doch laut dem Verband öffentlicher Verkehr (VöV) braucht es, um mehr Passagiere in den ÖV zu bringen, vorab ein gutes Mobilitätsangebot, schrieb der Verband auf Anfrage von Keystone-SDA.
In den einzelnen Regionen variierten zudem die Herausforderungen im ÖV. Auch der Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr (Litra) und die ÖV-Branchenorganisation Alliance Swiss Pass stehen generellen Vergünstigungen kritisch gegenüber.
Der ÖV koste immer gleich viel, auch wenn die Kunden weniger berappen würden – schlussendlich zahle der Steuerzahler mehr. Die Dichte und Qualität des ÖV brauche auch Investitionen.