Zu «ländlich»? Edel-Laden schliesst in Bern – in Zürich läufts

Vivian Balsiger
Vivian Balsiger

Bern,

Falconeri schliesst in Bern – bleibt aber in Zürich: Warum die Hauptstadt auf Funktionalität setzt und Zürich auf Fashion.

Falconeri
Der Falconeri-Laden an der Berner Spitalgasse musste für immer schliessen. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Falconeri führte während Jahren ein Geschäft an der Spitalgasse in Bern.
  • In Bern musste der Laden schliessen – in Zürich bleibt er bestehen.
  • Ein Mode-Experte erklärt, warum Zürich Kaschmir kauft – und Bern Funktionskleider.

Luxus adieu: Nach jahrelanger Präsenz an der begehrten Spitalgasse in Bern schliesst die italienische Modekette Falconeri ihre Türen. Das italienische Label steht für edle Kaschmirpullover und elegante Hosen – oft zum Preis von 200 Franken und mehr. Doch damit konnte man nicht den Nerv der Berner Kundschaft treffen.

Das Aus traf das Berner Team hart: Sämtliche Angestellte verloren ihre Jobs, einzig die Filialleiterin wird übernommen und wechselt nach Zürich, wie Nau.ch weiss.

Doch: In Zürich lebt der Edel-Laden an bester Adresse an der Bahnhofstrasse weiter. Ein Augenscheint vor Ort zeigt: Der Laden ist gut besucht, hat am Wochenende gar Events mit eigener Bar und Café. Wie geht das?

«Bern ist ein bisschen verkniffen»

Mode-Experte Jeroen van Rooijen erklärt gegenüber Nau.ch, wieso hochpreisige Mode in der Bundesstadt so gar nicht funktioniert – und in Zürich umso mehr: «Es ist Teil des Lifestyles, sich gut zu kleiden, sich etwas Exklusives zu leisten und nicht mit dem billigsten Lappen zufrieden zu sein.»

Zürich sei international, ein bisschen laut und oberflächlich: «Da gehören Designerbrands einfach dazu.»

Und Bern? «Bern ist zwar auch sehr schön, vermögend und gut situiert, aber auch regional, gemütlich und ein bisschen verkniffen.» An der Aare gebe man sich gerne ein bisschen bedeckt.

Doch nicht nur edle Labels haben es in Bern schwer. Auch im Fast-Fashion-Segment zeigen sich deutliche Unterschiede.

Paradebeispiel: Zara. Der spanische Modegigant ist das Flaggschiff des Inditex-Konzerns. Zu ihm gehören auch Marken wie Bershka, Stradivarius und Massimo Dutti.

Doch selbst das Aushängeschild Zara tut sich in Bern deutlich schwerer als in Zürich: In der Zürcher Innenstadt buhlten nämlich bis zur Schliessung des Jelmoli gleich drei Zara-Filialen um Kundschaft. Derzeit gibts eine Filiale in der Shoppingmall Sihlcity, eine zweite Wiedereröffnung an der Bahnhofstrasse ist in Kürze geplant.

In Bern? Gibt es nur eine einzige – und die liegt nicht einmal im Herzen der Stadt, sondern im Wankdorf.

«Eher funktional und basic»

Auch dafür hat Mode-Experte Jeroen van Rooijen eine Erklärung. Mode spiele in Bern einfach eine andere Rolle als in Zürich: «Man kleidet sich in Bern eher so im Kitchener- und Transa-Style, eher funktional und basic.»

Das könne man sympathisch und vernünftig finden – oder aber, so van Rooijen, «ein bisschen ländlich und knausrig. Ganz wie man die Welt eben sieht».

Fashion
Ein Herz für Mode? In Bern kaum – hier ist Funktionalität im Trend. (Symbolbild) - pexels

Ein weiterer Grund für das schwache Modeprofil der Hauptstadt sei laut van Rooijen die Qualität des innerstädtischen Angebots: Die Berner Innenstadt wirke «ein bisschen ramschig», sagt er. «Unter den schönen Lauben sind fast nur mittelmässige bis billige Geschäfte.»

Passion for Fashion? Das gibt's nur in den Grossstädten

Am Angebot liegt es definitiv nicht – das sei heute weltweit nahezu identisch.

Doch die Bereitschaft, sich auffällig und extravagant zu kleiden, sei in den Regionen etwas weniger entwickelt als in den Metropolen: «Man kann auch in Bern Gucci, Prada und Balenciaga kaufen – aber man entscheidet sich dort vielleicht eher für die simplen, weniger auffälligen Teile», erklärt der Mode-Experte.

Ist dir Mode wichtig?

Sein Eindruck? In den meisten Schweizer Städten sieht es ähnlich aus: «Ausser in Genf und Zürich hat Mode keine grosse Bedeutung.» Er relativiert jedoch: «Überall gibt es gute Geschäfte, die sich profiliert haben und eine kleine, aber anspruchsvolle Nische bedienen.»

Falconeri hat sich auf Anfrage von Nau.ch nicht zur Berner Schliessung geäussert.

Kommentare

User #5411 (nicht angemeldet)

Wir werden die Calzone bei Calzedonia vermissen.

User #2841 (nicht angemeldet)

Wenn Bern Stiel hätte, würden sie die Reitschule schließen .

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