Trinkgeld wird in Schweizer Betrieben meist geteilt

Bank Cler
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Basel,

Trinkgeld ist fürs Personal bestimmt, doch zur Verteilung gibt es keine klaren Regeln. Eine aktuelle Umfrage zeigt, wie die Situation in der Schweiz ist.

Kellnerin
In der Schweiz geht Trinkgeld meist ans Personal – die Verteilung variiert jedoch je nach Betrieb. - Depositphotos

Das Wichtigste in Kürze

  • 95 Prozent der Betriebe teilen das Trinkgeld auf die verschiedenen Bereiche auf.
  • Oft erhält das Servicepersonal den grösseren Anteil, die Küche wünscht sich die Hälfte.
  • Wird das Trinkgeld nachvollziehbar verteilt, steigen Zufriedenheit und Motivation.

Obwohl der Service seit 1974 in Schweizer Restaurants im Preis inbegriffen ist, geben viele Gäste weiterhin freiwillig Trinkgeld – insgesamt rund eine Milliarde Franken pro Jahr. Dieses Geld ist eine wichtige Einkommensquelle für das Personal.

Eine neue Untersuchung der Bank Cler und der ZHAW School of Management and Law beleuchtet erstmals systematisch, wie Trinkgeld in Schweizer Gastronomiebetrieben verteilt wird und welchen Einfluss dies auf Motivation und Betriebsklima hat. Ebenso wird aufgezeigt, wen die Gäste mit ihrem Trinkgeld begünstigen möchten.

Würdest du mehr Trinkgeld geben, wenn du wüsstest, dass die Küche 50% davon erhält?

In den meisten Betrieben wird das Trinkgeld geteilt

Die Befragung der Gastronomiemitarbeitenden macht deutlich: Trinkgeld kommt längst nicht nur dem Servicepersonal zugute. In 95 Prozent der Betriebe erhalten auch andere Bereiche, insbesondere die Küche, einen Anteil.

Küche
Das Trinkgeld kommt beim Küchenpersonal meist nur zu einem kleineren Teil an. - keystone

Mehr als 50 Prozent der Betriebe wendet einen prozentualen Split des Trinkgelds an. Bei knapp der Hälfte davon erhält der Service 80 Prozent und mehr, während jeder fünfte Betrieb das Trinkgeld zwischen Service und restlichen Funktionen gleichmässig teilt. Ausbezahlt wird überwiegend monatlich, meist im Rahmen der Lohnabrechnung.

Küchenpersonal wünscht sich die Hälfte des Trinkgelds

Bei der Frage nach der gerechten Aufteilung des Trinkgelds zwischen Servicepersonal und Mitarbeitenden, die nicht an der Gästefront tätig sind, finden 63 Prozent der Befragten, dass das Servicepersonal mehr als die Hälfte erhalten sollte. 24 Prozent nennen eine gleichmässige Aufteilung von 50/50 als fair.

Allerdings zeigt sich eine Diskrepanz zwischen der favorisierten Aufteilung von Servicepersonal und Küchenpersonal: Das Küchenpersonal findet mehrheitlich einen 50/50-Split angemessen, während beim Servicepersonal eine Aufteilung von 70/30 zu seinen Gunsten am meisten Anklang findet.

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Antworten auf die Frage: Wie viel Prozent des gesamten Trinkgelds sollte deiner Meinung nach fairerweise an das Personal gehen, das kein Trinkgeld direkt von Gästen erhält? - ZHAW / Bank Cler

«Interessant ist, dass das Servicepersonal bereit wäre, mehr vom Trinkgeld abzugeben als das heute der Fall ist. Heute bleiben im Schnitt 75 Prozent des Trinkgelds oder mehr beim Service, viele Servicepersonen wären aber auch mit 70 Prozent zufrieden», erklärt Dr. Marcel Stadelmann, Zahlungsmittelexperte an der ZHAW School of Management and Law.

Geteiltes Trinkgeld: Service zufriedener als Küche

Die Wahrnehmung der Fairness ist eng mit Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden verknüpft. Insgesamt empfinden 74 Prozent die Verteilung im eigenen Betrieb als mindestens «eher gerecht».

Das Servicepersonal bewertet die gegenwertigen Verteilungspraktiken am positivsten, Küchenmitarbeitende hingegen kritischer. Der Grund: Küchenmitarbeitende tragen wesentlich zum Gästeerlebnis bei, erhalten aber meist weniger als die von der Mehrheit gewünschte Hälfte des Trinkgelds.

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Antworten auf die Frage: Wie wichtig ist dir Trinkgeld für dein Gesamteinkommen? - ZHAW / Bank Cler

Es ist jedoch erwiesen, dass die Löhne in der Gastronomie, verglichen mit anderen Branchen, auch in Europa allgemein als tief angesehen werden. Deshalb ist das Trinkgeld für viele ein wichtiger Einkommensbestandteil – zwei Drittel stufen es als wichtig oder sehr wichtig ein. Auffällig: Fast die Hälfte der Befragten berichtet, schon erlebt zu haben, dass Trinkgeld unvollständig oder gar nicht ausbezahlt wurde.

Aus Sicht der Gäste: Fairness beeinflusst Höhe des Trinkgelds

Die Befragung der Gäste zeigt: Die Hälfte der Befragten hat sich bisher kaum Gedanken gemacht, wer alles an ihrem Trinkgeld Teil haben soll. Werden Sie danach gefragt, wollen 90 Prozent mit dem Trinkgeld die Serviceperson belohnen, die sie direkt bedient – aber lediglich 40 Prozent möchten, dass diese Person das gesamte Trinkgeld erhält.

Mehr als die Hälfte wünscht sich zusätzlich eine Beteiligung des Küchenpersonals, 39 Prozent auch des Spülpersonals. Kaum jemand möchte, dass der Betrieb selbst oder die Besitzerin am Trinkgeld partizipiert.

Kellner
Transparenz bezüglich des Trinkgelds schafft Vertrauen bei Gästen und Mitarbeitenden. - Depositphotos

Bei einer fairen Verteilung des Trinkgelds unter allen Mitarbeitenden signalisieren die Gäste zudem Bereitschaft zu grosszügigerem Trinkgeld. So würden bei Zusicherung einer fairen Verteilung 58 Prozent der Gäste mehr Trinkgeld entrichten. Optionen wie z.B. eine Mitbestimmung der Verteilung unter dem Personal per QR-Code wird von jüngeren Gästen als interessant empfunden, ältere Generationen sehen darin kaum einen Mehrwert.

Fazit: Transparenz schafft Vertrauen

Die Ergebnisse beider Erhebungen machen klar: Eine faire Verteilung des Trinkgelds ist für Gastronomiemitarbeitende und Gäste zentral. Die Mitarbeitenden wünschen sich transparente und nachvollziehbare Regeln. Gäste wollen sicher sei, dass auch Küche und Spülpersonal vom Trinkgeld profitieren und sich nicht die Besitzerin bereichert.

Samuel Meyer, CEO der Bank Cler, fasst zusammen «Wenn die Verteilung des Trinkgelds im Gastronomiebetrieb klar kommuniziert und konsequent umgesetzt wird, stärkt dies die Motivation der Servicemitarbeitenden und die Bereitschaft der Gäste, Trinkgeld zu geben.»

Trinkgeld
Eine offene Kommunikation über die Trinkgeldverteilung fördert das Vertrauen ins Unternehmen. - keystone

Für die Betriebe bedeutet das: Das Verteilungsmodell allein ist nicht entscheidend – ausschlaggebend ist die transparente Umsetzung. So sollten die Verteilregeln am besten schriftlich festgehalten werden – etwa im Arbeitsvertrag oder Betriebsreglement. Klare Regeln, eine faire Beteiligung aller relevanten Bereiche und eine offene Kommunikation stärken das Vertrauen im Team und bei den Gästen.

Wie viel Trinkgeld im Ausland üblich ist, hat die Bank Cler in ihrem Trinkgeld-Knigge ausführlich aufgelistet: cler.ch/trinkgeld.

Details zu den Umfragen

Die Umfrage unter Gastronomiemitarbeitenden wurde im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit an der ZHAW unter der Leitung von Dr. Marcel Stadelmann im Auftrag der Bank Cler durchgeführt. Die Erhebung erfolgte als standardisierte Online‑Befragung (Qualtrics) vom 8. bis 30. April 2025. Insgesamt wurden über 100 Datensätze vor allem aus urbanen Gebieten in der Deutschschweiz erfasst. Sie umfasst mehrheitlich Servicemitarbeitende und überwiegend bediente Restaurants.

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