Trinkgeld sogar am Weihnachtsmarkt: Kunden «unter Druck gesetzt»
Dass inzwischen auch Take-Away-Angebote Trinkgeld fordern, stösst auf Kritik. Sogar an Weihnachtsmärkten fragen Kartengeräte nun, wie viel man geben will.
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Das Wichtigste in Kürze
- Selbst an Weihnachtsmärkten wird mittlerweile Trinkgeld gefordert.
- Davon fühlt sich die Kundschaft unter Druck gesetzt.
- Auch der bekannte Zürcher Gastrounternehmer Michel Péclard kritisiert die Praxis.
In den USA ist es beinahe obligatorisch, in Japan und China gilt es als verpönt: Das Trinkgeld.
In der Schweiz gehört es in der Beiz zum guten Ton. Wer zufrieden mit dem Service ist, gibt zwischen fünf und zehn Prozent auf die Rechnung, so die Faustregel.
Doch: Das bargeldlose Bezahlen hat die Trinkgeld-Kultur verändert. Das führte zu weniger Extrageld für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gastro-Betriebe, wie Nau.ch schon 2024 berichtete.
Damals erklärte Bruno Lustenberger, Präsident des Branchenverbands Gastro Aargau: «80 Prozent der Wirtinnen und Wirte sagen mir, dass sie weniger Trinkgeld als früher erhalten.»
Trinkgeld-Forderung sorgt für sozialen Druck
Inzwischen hat die Branche eine Lösung gefunden. Viele Kartenterminals fragen vor dem Bezahlen nun explizit nach dem Extra fürs Personal – und machen gleich Prozentvorschläge.
Das sorgt auch für Unverständnis. Beispielsweise in Gastro-Betrieben, in denen Self-Service vorherrscht. Wo also nicht der Kellner etwas bringt oder einen berät, sondern man sich selbst schöpfen muss.
Der Vorschlag des Kartengeräts kann für sozialen Druck sorgen, erklärte Konsumpsychologe Christian Fichter unlängst auf Nau.ch.
Denn: Man versuche so, «Kunden durch die Beobachtung anderer zum Geben zu bewegen.»
«Total unter Druck gesetzt»
Sogar an Schweizer Weihnachtsmärkten ist das inzwischen teilweise der Fall.
Zum Beispiel am Zürcher Weihnachtsdorf am Sechseläutenplatz – und auch hier kommt es nicht gut an. Gegenüber SRF berichtet eine Besucherin, sie finde die Forderung auf dem Kartenlesegerät «schrecklich».
Sie erklärt: «Eigentlich gebe ich ja gerne etwas, wenn ich es will. Aber hier fühle ich mich total unter Druck gesetzt.»
Damit ist sie nicht allein. Auch ein Paar findet gegenüber «10 vor 10»: «Mühsam ist, dass es so versteckt ist, teilweise erst auf der letzten Zeile. Das ist nicht so nett.»
Gastro-König Péclard findet Praxis «nicht okay»
Ebenfalls kein Verständnis für die Praxis hat der bekannte Zürcher Gastrounternehmer Michel Péclard. In seinen Self-Service-Beizen gibt es kein Trinkgeld.
Er findet die Praxis nicht okay: «Das Trinkgeld ist eigentlich etwas für die Arbeit, für den Job, für den Kellner.»
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Spinne man den Gedanken weiter, müsste ja «jede Frau an der Migros-Kasse» ebenfalls etwas verlangen. Denn: «Das wäre ja eigentlich das Gleiche.»
Doch nicht alle sehen die Trinkgeld-Forderung gleich kritisch. Gegenüber SRF meint eine Weihnachtsmarkt-Besucherin: «Ich denke, es ist wichtig, dass man das Personal unterstützt.»

















