Eine Schweizer Ärztin wehrt sich gegen Diskriminierung und wird daraufhin entlassen. Nun gibt ihr ein Gericht recht.
Natalie Urwyler Ärztin Inselgruppe
Die Schweizer Ärztin hat sich erfolgreich vor Gericht gegen eine Kündigung und geschlechterspezifische Diskriminierung am Arbeitsplatz gewehrt. - SRF/Screenshot

Das Wichtigste in Kürze

  • Einer Schweizer Ärztin wurde von einem Spital geschlechterspezifisch diskriminiert.
  • Sie sei nach der Schwangerschaft ausgebremst worden, als Mutter wurde ihr gar gekündigt.
  • Die Frau wehrte sich erfolgreich vor Gericht gegen diese Diskriminierung.
Ad

Es ist ein Urteil mit Signalwirkung. Die Schweizer Ärztin Natalie Urwyler hat sich vor Gericht erfolgreich gegen eine Kündigung sowie gegen Diskriminierung gewehrt. Doch alles auf Anfang.

Urwyler stand am Anfang einer vielversprechenden Laufbahn. Als festangestellte Oberärztin am Berner Inselspital strebte sie eine akademische Karriere an. Allerdings änderte sich die Situation, als sie schwanger und schliesslich Mutter wurde.

Sind Sie eine Frau und wurde Ihnen schon einmal gekündigt?

Gegenüber der «Tagesschau» sagt die Medizinerin, sie sei nach der Schwangerschaft ausgebremst worden. «Im Vergleich mit den Männer wurde ich nicht gefördert und bin langsamer vorangekommen.» Ihr sei dann als Mutter sogar gekündigt worden, das habe ihre Karriere geknickt.

Was war passiert? Nach der Geburt beabsichtigte Urwyler, ihr Arbeitspensum auf 80 Prozent zu reduzieren. Allerdings zeigte das Spital wenig Bereitschaft dazu.

Nach längerem Hin und Her wurde der Ärztin schliesslich 2014 gekündigt. Die Begründung lautete, das Arbeitsverhältnis sei stark belastet worden, und das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört.

Ärztin laut Gericht «geschlechterspezifisch diskriminiert»

Gegen diese Kündigung hatte sich Urwyler gestützt auf das Gleichstellungsgesetz bereits erfolgreich vor Gericht gewehrt. Das Urteil forderte, dass das Inselspital die Ärztin wieder einstellen müsse. Allerdings wurde sie nach ihrer Wiedereinstellung vom Spital umgehend freigestellt.

Urwyler wollte dies in der Folge nicht auf sich sitzen lassen. Sie wehrte sich vor dem Berner Regionalgericht erneut gegen die Kündigung. Ausserdem machte sie auch weitere Diskriminierungen geltend

Ärztin Inselspital
Der Prozess führte das Regionalgericht Bern-Mittelland, das im Amthaus in der Stadt Bern beheimatet ist. - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Ihr Vorwurf lautete, dass ihr im Spital eine Beförderung aufgrund ihres Geschlechts verweigert wurde. Daher habe sie auch weniger Einkommen aus dem sogenannten privatärztlichen Pool erhalten. Das Gericht gibt ihr nun in Teilen recht.

Im Urteil, das der «Tagesschau» vorliegt, heisst es: «Dass die Klägerin mit Auswirkung auf die Ausschüttung aus dem privatärztlichen Pool geschlechterspezifisch diskriminiert wurde.» Auch hinsichtlich der Beförderung sei sie «geschlechterspezifisch diskriminiert worden» befand die Richterin. Urwyler spricht nach dem Urteil auf das sie fast zehn Jahre warten musste, von einer «grossen Genugtuung».

«Wichtiges Signal an Unternehmen»

Beförderungsdiskriminierung ist schwierig nachzuweisen. Ein Arbeitsrechtsexperte ordnet das Urteil in dem SRF- Bericht deshalb als wichtiges Signal an Unternehmen ein. «Unternehmen müssen aufpassen, dass solche Diskriminierungen nicht vorkommen», sagt Thomas Geiser.

Auch für Urwyler ist die Signalwirkung des Urteils wichtig. Für ihre Karriere macht es zwar keinen grossen Unterschied mehr. Aber: «Ich hoffe, dass ich da etwas für die Frauen verändern kann.»

Inselspital Bern
Das Inselspital in Bern will sich zum Urteil noch nicht äussern. - keystone

Der erlittene finanzielle Schaden schätzt die Ärztin übrigens auf mehrere hunderttausend Franken. Wie viel ihr das Inselspital nachzahlen muss, darüber wird ein Gericht entscheiden. Der Fall ist also noch nicht abgeschlossen.

Das Inselspital schreibt auf Anfrage der «Tagesschau», dass man das Urteil derzeit prüfe und deshalb noch keine Stellung nehme. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Spital hat 30 Tage Zeit, um es anzufechten.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

SchwangerschaftFrankenMutterSRFGericht