SP-Frau fordert Internet in allen Asylunterkünften
Für fast fünf Millionen Franken hat Männedorf neue Unterkünfte für Geflüchtete gebaut. Doch aufs Internet wurde bewusst verzichtet.

Das Wichtigste in Kürze
- In Männedorf ZH wurde für rund 4,85 Millionen Franken eine neue Asylunterkunft gebaut.
- Die Gemeinde verzichtet dort bewusst auf ein WLAN-Angebot für die Bewohner.
- Begründet wird der Entscheid mit Datenschutz und technischem Aufwand.
- Die SP kritisiert den Entscheid.
Asylbewerberinnen und Asylbewerber wohnen in Männedorf in einer neuen, modernen Wohnanlage aus Holzmodulen. Die Gemeinde hat für die Anlage 4,85 Millionen Franken gesprochen.
Doch etwas Entscheidendes fehlt: Das Internet.
WLAN gibt es bewusst nicht. Wer online gehen will, legt sein Handy ans Fenster. In der Hoffnung, dass der Empfang für den Internet-Hotspot reicht.
Doch das tut er nicht. Ein Augenschein vor Ort zeigt: Zum Beispiel mit Sunrise bleibt draussen nur ein Strich Empfang.
Handy am Fenster sorgt für Diskussionen
Genau dieses Bild tauchte in den sozialen Medien auf. Eine Bewohnerin hatte ihr Handy ans Fenster gestellt, um es als Internet-Hotspot zu nutzen. Ein Passant fühlte sich beobachtet und postete das Foto in der Facebook-Gruppe «Du bisch vo Männedorf».

Doch die Ukrainerin hatte keine neugierigen Absichten. Sie filmte nicht die Nachbarn, sondern nutzte das Handy am Fenster als Hotspot, um im Innern online zu sein, wie sie in der Facebook-Gruppe erklärte.
Ohne Fenster-Hotspot könne sie weder mit ihrer Familie kommunizieren noch Dokumente übersetzen oder sich online informieren. Von der Gemeinde habe sie zu hören bekommen, die schlechte Verbindung liege an der Baustelle vor dem Haus.
Gemeinde beruft sich auf Datenschutz
Die Gemeinde Männedorf bestätigt auf Anfrage: In den neu gebauten Unterkünften wurde bewusst kein WLAN eingerichtet. Man beruft sich auf Datenschutz.
Denn ein frei zugängliches Netz sei schwer kontrollierbar, ein sicheres Login-System mit Datenprotokollierung mit unverhältnismässig hohem Aufwand verbunden.
Man gehe davon aus, dass alle Bewohnenden über eigene Mobiltelefone mit unlimitierten Datenabos verfügten. Diese Annahme stütze sich auf den Austausch zwischen Sozialdienst und den Bewohnerinnen und Bewohnern. Eine systematische Erhebung dazu wurde nicht gemacht.
Caritas widerspricht klar
Die Hilfsorganisation Caritas, die in mehreren Kantonen Asylunterkünfte betreibt, reagiert auf Anfrage mit Unverständnis.
Sprecherin Daria Jenni stellt klar: In allen Caritas-Zentren steht den Bewohnenden ein separates WLAN zur Verfügung. Datenschutz sei technisch lösbar, etwa mit getrennten Netzwerken für Mitarbeitende und Bewohner.
Ein stabiles WLAN gehört dort eigentlich zur Grundausstattung.
Dass alle Asylsuchenden über unlimitierte Mobilabos verfügten, sei eine unzutreffende Annahme. Viele hätten zwar ein Gerät, aber ohne WLAN fehle ihnen der Zugang zu grundlegenden Dingen: Kommunikation, Orientierung, Online-Behördengänge, Bildungsangebote.
SP-Kantonsrätin fordert Internetzugang
Auch politisch ist der Fall angekommen. SP-Kantonsrätin Leandra Columberg sagt zu Nau.ch, der Zugang zum Internet sei heute «eine Voraussetzung für Teilhabe, Bildung und Selbständigkeit.»
«Der Zugang zum Internet gehört heutzutage selbstverständlich zur Grundversorgung – auch für geflüchtete Menschen.»
Gemeinden und Träger müssten dafür sorgen, dass dieser Zugang besteht, gerade für Menschen, die auf Unterstützung angewiesen seien. Technische oder organisatorische Hürden seien kein Argument für einen Verzicht, sondern ein Auftrag, Lösungen zu finden.
Die Gemeinde Männedorf prüft inzwischen technische Nachbesserungen. Doch der grundsätzliche Entscheid – kein WLAN, weil zu aufwendig – steht weiterhin.