Sind Schweizer Altersheime für Zukunft gerüstet?
Immer mehr Menschen kommen in der Schweiz ins Rentenalter. Damit stellt sich auch die Frage, ob die Pflegeheime künftig genügend Kapazitäten für sie haben.

Das Wichtigste in Kürze
- Laut Pro Senectute wird rein mathematisch erwartet, dass der Pflegeplätze-Bedarf steigt.
- Bis 2040 ist Curaviva zufolge mit 45'292 bis 64'359 zusätzlichen Pflege-Betten zu rechnen.
- Dem Pflegesektor bereitet aber der Fachkräftemangel Sorgen.
Laut einer Studie von Swiss Life sind Seniorinnen und Senioren zurzeit die zufriedenste Altersgruppe der Schweiz. 80 Prozent der befragten 65- bis 80-Jährigen geben an, mit ihrem Leben zufrieden zu sein.
Das Älterwerden ist ein Thema, das die ganze Gesellschaft betrifft und beschäftigt. Von der körperlichen Gesundheit über die finanzielle Stabilität bis hin zur Wohnsituation. Die Menschen werden immer älter und die Babyboomer kommen langsam ins Rentenalter.
Hat die Schweiz genug Ressourcen für die Pflege dieser Menschen? Wie ist die Stimmung?
«Demografischer Wandel als Chance»
«Rein mathematisch wird erwartet, dass der Bedarf an Plätzen steigen wird.» Das sagt Céline König, Sprecherin von Pro Senectute, die grösste schweizweite Fach- und Dienstleistungsorganisation für ältere Menschen, zu Nau.ch.
Dennoch bleibt König aber positiv: «Die Entwicklung zeigt auch ein steigendes Bedürfnis danach, möglichst lange zu Hause wohnen zu können.»
Zudem würden ältere Menschen länger fit bleiben. Das heisst, das Eintrittsalter in Alters- und Pflegeheime verschiebe sich nach oben. König: «Pro Senectute sieht den demografischen Wandel als Chance.»
Die Pflegeheime seien derzeit «gut ausgelastet, haben aber auch noch Kapazität», sagt Eva Strebel, Leiterin Kommunikation von «Curaviva». Das ist der nationale Branchenverband der Dienstleister für Menschen im Alter. «Die Zahlen würden vermuten lassen, dass generell der Eintritt in ein Heim gewährleistet ist», so Strebel.
Bis 2040 ist mit bis zu 64'000 zusätzlichen Pflegeheim-Betten zu rechnen
Aber: Bis ins Jahr 2040 sei mit 45'292 bis 64'359 zusätzlichen Betten in Pflegeheimen zu rechnen. «Das entspricht bei einer Annahme von 59 Betten pro Pflegeheim einem Mehrbedarf von 921 zusätzlichen Pflegeheimen.»
Es zeichne sich für die Zukunft aus der Perspektive von Curaviva ein ungedeckter Mehrbedarf des Angebots ab, sagt Strebel.
Die «Tertianum-Gruppe» umfasst schweizweit 84 Wohn- und Pflegezentren, 15 Residenzen und ein Patientenhotel. Alle ihre Häuser seien jetzt schon bereits gut ausgelastet, sagt Eveline Pigeat-Stamm zu Nau.ch. Sie ist die Kommunikations-Teamleiterin von Tertianum.
«Bauen Angebot laufend aus»
«Wir beobachten den demografischen Wandel sehr genau – und bauen unser Angebot laufend aus», so Pigeat-Stamm. «In den letzten Jahren haben wir mehrere neue Standorte eröffnet oder bestehende erweitert.»
Pigeat-Stamm wirft, wie auch schon König und Strebel, ein Licht auf die Situation des Pflegepersonals: «Die Arbeit in der Langzeitpflege ist anspruchsvoll – physisch wie emotional», sagt sie. «Der Druck im Alltag ist spürbar, und gute Rahmenbedingungen zu schaffen, ist ein fortlaufender Auftrag.»
Auch die Gewerkschaft «Unia» ruft aus: Die Pflege befände sich schon lange in einer Systemkrise, sagt Enrico Borelli, Co-Leiter Pflege bei der Unia: «Es gibt einen grossen Fachkräftemangel, fast dreissig Prozent des Personals verlässt den Beruf.»
Für Unia steht Pflegepersonal im Zentrum
Viele Pflegende seien verzweifelt, weil sie das Gefühl haben, sie können keine würdige Pflege mehr bieten. «Es fehlt einfach die Zeit, um die menschlichen und sozialen Beziehungen zu pflegen», so Borelli.

Damit die Schweizerinnen und Schweizer im Alter immer noch so zufrieden bleiben können wie heute, müsse das Pflegesystem verändert werden.
Die Unia hat dafür vor kurzem ein Konzept entwickelt, in dem die Perspektive des Care-Personals zentral ist: Denn darauf stütze sich letztendlich das gesamte Gesundheitswesen.