Schweizer bestellen spätnachts Tiefkühl-Pizza – zum doppelten Preis!
Immer mehr Menschen bestellen spätabends Lebensmittel und Snacks über Lieferplattformen – trotz hoher Preise.

Das Wichtigste in Kürze
- Spätabendliche Lieferdienste boomen trotz hohen Preisen.
- Insbesondere nach 22 Uhr schiessen die Bestellungen in die Höhe.
- Ein Unternehmer verrät: Neben Bier und Chips ist auch WC-Papier der Renner.
- Dafür nehmen die Kunden zum Teil doppelt so hohe Preise wie im Supermarkt in Kauf.
Wenn spätabends der Kühlschrank leer ist und der Hunger kommt, boomen nicht nur die Pizzakuriere. Inzwischen können auf Plattformen wie «Just Eat» oder «Uber Eats» auch Lebensmittel und Snacks wie Tiefkühl-Pizzen oder Chips bestellt werden.
Und das boomt!
Petar Djordjevic von «Just Eat» sagt zu Nau.ch: «Der Anteil an Lebensmittellieferungen hat sich im Vergleich zum letzten Jahr verdoppelt.» Tagsüber sind vor allem Gemüse, Früchte oder Zahnpasta aus dem Supermarkt beliebt – spätabends sind Bier, Nachos und M&Ms gefragt.
Djordjevic sagt: «Die meisten Bestellungen bei Lebensmittelhändlern werden zwischen 18 Uhr und 20 Uhr getätigt. Doch unsere Daten zeigen eine starke Zunahme von Bestellungen spätabends – nach 22 Uhr.»
Geschäft mit Betrunkenen und Rotlicht-Milieu boomt
Und für die Nachtlieferungen sind eigens dafür spezialisierte Anbieter in den Markt getreten. Einer der führenden Anbieter auf den Liefer-Plattformen packt bei Nau.ch aus. Seine Kundschaft ist breit.
V. Saranavamuthu, Gründer des in Bern und Zürich tätigen Lieferdiensts «Quicky24», verrät: «Unsere Kundschaft reicht von Leuten, die mit Freunden eine Party feiern, über Bänker, bis zu Menschen aus dem Rotlicht-Milieu.» Und die stören sich alle kaum an den Preisen.
Auch, wenn Spontan-Hunger ganz schön ins Geld gehen kann. «Ich habe auch schon eine Bestellung im Gesamtwert von 300 Franken an eine Einzelperson ausgeliefert», erinnert er sich.
Goldküste-Kunden macht Mega-Liefergebühr nichts aus
Am spendabelsten sind Kunden von der Zürcher Goldküste. «Aus Meilen gehen gerne mal Bestellungen nur für ein paar Biere ein. Trotz einer zusätzlichen 50-Franken-Liefergebühr», sagt er.
«Unsere Renner sind: Feldschlösschen-Bier, Weisswein, Chips und Glacé.» Mit Süssigkeiten und Snacks macht Saranavamuthu den höchsten Umsatz. «Unsere Preise sind zwar hoch – doch wir müssen schliesslich auch etwas verdienen», sagt der Berner Unternehmer.
So kostet ein halber Liter Milch schon einmal 3.50 Franken. Für eine Packung Zweifel-Chips blättert man mit 9.60 Franken mehr als doppelt so viel hin als im normalen Supermarkt!
Und auch eine Tiefkühl-Pizza kostet mit 12.50 Franken mehr als das Doppelte des Supermarkt-Preises.
Einerseits muss er einen gewissen Prozentsatz des Umsatzes an die Plattformen wie «Just Eat» oder «Uber Eats» abdrücken. «Nachtarbeit ist teuer. Zudem haben wir mit Strom, Miete, den Autos, Benzin und Versicherungen hohe Fixkosten. Mit der Inflation wird immer auch alles teurer.»
Alles sei genau kalkuliert, damit das Geschäft gewinnbringend bleibe. Und er hält fest: «Ohne eine Liefergebühr würden wir Verlust machen.»
Er betont: «Die Preise sind bei uns transparent ausgewiesen – keiner wird gezwungen, zu bestellen.»
Experten erklären hohe Preise bei Mitternachts-Bestellungen
Unterstützung kriegt er dafür vom Preisüberwacher Stefan Meierhans. Schliesslich gebe es eine «ausreichende Anzahl alternativer Einkaufsmöglichkeiten». Bei Lebensmitteln etwa auch durch Tankstellen-Shops oder Supermärkte an Bahnhöfen.
Über seine Sprecherin lässt er gegenüber Nau.ch verlauten: «In solchen Situationen schränkt der Gesetzgeber die Kompetenz des Preisüberwachers ein. Er geht davon aus, dass die Konsumentinnen und Konsumenten selbstständig unter den verschiedenen Anbietern die Preise vergleichen. Und so letztlich das Angebot mit dem für sie günstigsten Preis-Leistungs-Verhältnis wählen.»
André Bähler vom Konsumentenschutz verweist gegenüber Nau.ch zudem darauf, dass Anbieter wie «Quicky24» weniger Einkaufsmacht als grosse Supermarktketten haben.
Und: «Zudem müssen die Kosten für die 24-Stunden-Auslieferung auf die Produktpreise überwälzt werden. Dass Pizza, Lasagne, Getränke und andere Produkte teurer sind als im Supermarkt, ist somit nachvollziehbar.»
Angefangen hat alles mit Alkohol. «Man kennt es: Man sitzt zu Hause, hat kein Bier und ist genervt», erzählt «Quicky24»-Gründer V. Saranavamuthu.
WC-Papier-Rollen sind «Renner»
Nach 22 Uhr gilt in der Schweiz ein Alkohol-Verkaufsverbot. Deshalb hat Saranavamuthu vor rund vier Jahren den Lieferdienst ins Leben gerufen. Mit einer Bewilligung der Behörden darf via Lieferservice nämlich auch nach 22 Uhr Alkohol verkauft werden.

«Das Sortiment haben wir laufend erweitert. Einen grossen Boom verzeichneten wir während Corona.» Da schaffte es ein ganz bestimmtes Produkt ins Sortiment, das noch heute ein «Renner» sei: nämlich WC-Papier.
«Ich hätte nie gedacht, dass wir Einzelrollen für 4.50 Franken pro Stück so gut verkaufen würden», staunt er.