Die Schweiz hat ein traumatisiertes Folteropfer zurück nach Italien abgeschoben. Damit verletzte das Staatssekretariat für Migration die Antifolterkonvention.
Grenzwache
Das Grenzwachtkorps wird ab sofort wenn nötig von der Armee unterstützt. - Keystone
Ad

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Schweiz hat ein traumatisiertes Folteropfer nach Italien abgeschoben.
  • Es war von vorhinein klar, dass der Mann dort nicht angemessen versorgt wird.
  • Deshalb wurde die Schweiz vom UNO-Auschluss für Folter gerügt.

Die Schweiz hätte ein schwer traumatisiertes Opfer von Folter in seinem Heimatstaat Äthiopien selber aufnehmen und medizinisch behandeln müssen, statt dieses nach Italien zurückzuschicken.

Weil klar war, dass der Mann dort nicht angemessen versorgt wird, hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) laut UNO-Ausschuss für Folter (CAT) die Antifolterkonvention verletzt. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe begrüsst diesen Entscheid gegen die unhaltbare Schweizer Rücküberweisungspraxis: Seit Jahren weist sie auf die mangelnde Unterstützung von verletzlichen Personen in Italien hin.

Verletzung der Antifolterkonvention

Der CAT hält gemäss Urteil eine Verletzung der Antifolterkonvention für gegeben. Aufgrund der Vorgeschichte des Äthiopiers hätte klar sein müssen, dass dieser in Italien keine adäquate Unterstützung für die Behandlung seiner schweren physischen und psychischen Leiden erhalten würde.

Denn dieser hatte in Italien bereits davor trotz Anerkennung als Flüchtling unversorgt auf der Strasse leben müssen. Aus diesem Notstand heraus war er schliesslich nach Norwegen gereist, um dort um Asyl zu ersuchen.

Von Norwegen nach Italien abgeschoben

Norwegen war dann zwar nicht auf sein Asylgesuch eingetreten, hatte ihn aber medizinisch so weit stabilisiert, dass er wieder ins Erstaufnahmeland hatte rücküberstellt werden können.

Allerdings hatte dies Norwegen nur gegen die Zusicherung Italiens getan, dass der Betroffene medizinisch betreut und sozial begleitet wird. Vergebens: Nachdem der Mann in Italien erneut auf der Strasse gelandet war, versuchte er diesem Zustand erneut zu entkommen, indem er im Jahr 2012 in der Schweiz um Asyl ersuchte.

Gebotene Abklärungen unterlassen

Das SEM trat auf dieses Gesuch gar nicht erst ein und verfügte die Wegweisung nach Italien. Die Behörde unterliess dabei die in solchen Fällen gebotenen Abklärungen, ob Italien den gesundheitlich schwer angeschlagenen Betroffenen adäquat unterbringen und medizinisch versorgen kann.

Dieser Mangel an Behandlung und Unterstützung für Opfer von Folter ist aus Sicht des CAT unmenschlich und erniedrigend. Die Wegweisung verstosse daher gegen das Refoulement-Verbot.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

UNO