Die Berichterstattung über einen Polizeieinsatz im Juni 2021 in Bern könnte Konsequenzen nach sich ziehen.
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Philippe Müller, der Sicherheitsdirektor von Bern. - Keystone

Die Berichterstattung über einen Polizei-Einsatz im Juni 2021 in Bern hat womöglich ein Nachspiel. Der Berner Regierungsrat ist bereit zu prüfen, wie «medial widerfahrenes Unrecht» geklärt und wiedergutgemacht werden könnte.

Einen Vorstoss aus den Reihen von EDU, SVP, FDP und Mitte will er als Richtlinienmotion entgegennehmen. Das geht aus seiner am Montag publizierten Antwort hervor.

Bei einer Polizeikontrolle in Bern im Juni 2021 war ein widerspenstiger Mann zu Boden geführt worden, um ihm Handfesseln anlegen zu können. Zufällig anwesende Journalistinnen und Journalisten von «Berner Zeitung» und «Bund» brachten den Fall an die Öffentlichkeit.

Kritik an der medialen Darstellung

Der Polizist, der den Mann zu Boden führte, wurde im September 2023 vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Tätlichkeit freigesprochen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ist das Urteil des Regionalgerichts inzwischen rechtskräftig.

Die Motionäre werfen den Zeitungen vor, sie hätten den Fall von Beginn weg auf die gleiche Stufe gestellt worden wie die Tötung von George Floyd durch einen US-Polizisten, der dem Opfer fast zehn Minuten lang das Knie auf den Nacken gedrückt hatte.

Im Vorstoss ist die Rede von einer «beispiellosen Medienkampagne», bei der ein Polizist vorverurteilt worden sei – «nachweislich wider besseren Wissens der Redaktion». In freigeschalteten Online-Kommentaren sei der Mann zudem als Mörder verurteilt worden.

Regierungsrat prüft Beschwerde

Der Regierungsrat solle klären, weshalb die Redaktion die Darstellung selbst nach der Intervention eines Rechtsmediziners nicht angepasst habe. Zu prüfen seien auch eine Beschwerde sowie eine Schadensersatz- und Genugtuungsforderung.

Philippe Müller
Philippe Müller - Nau

Der Regierungsrat erneuert in seiner Antwort die Kritik an den Medien, die Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) bereits letzten Herbst geäussert hatte. Die Zeitungen hätten durch das Zurückhalten von wesentlichen Informationen und vorhandenem klärendem Bildmaterial die nötige berufliche Sorgfalt vermissen lassen.

Die Erklärungen der Polizei seien verkürzt dargestellt, differenzierte Fachmeinungen unterschlagen oder vereinfacht worden.

Nicht nachvollziehbar sei zudem die unkritische Publikation von persönlichkeitsverletzenden oder offenkundig falschen Online-Kommentaren. Der Regierungsrat sei deshalb bereit, die von den Motionären aufgeführten Punkte zu klären.

Chefredaktion weist Vorwürfe zurück

Die Chefredaktion von «B»Z und «Bund» hatte die Vorwürfe im vergangenen September zurückgewiesen. Die Berichterstattung sei ausgewogen und so präzise und umfassend wie möglich gewesen.

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