Parlament bereinigt erstes Kostendämpfungspaket im Gesundheitswesen
Das Parlament hat das erste von mehreren Massnahmenpaketen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen verabschiedet. Im Zentrum der Diskussionen stand der sogenannte Experimentierartikel.

Das Wichtigste in Kürze
- Das Paket hatte der Bundesrat im August 2019 verabschiedet.
Darin sind verschiedene Massnahmen gegen höhere Kosten im Gesundheitswesen verankert. Das Sparpotenzial beträgt mehrere hundert Millionen Franken pro Jahr, genau beziffern lässt sich das aber nicht.
Kern des Pakets ist der Experimentierartikel. Neu sollen innovative, kostendämpfende Pilotprojekte zur Entlastung der Prämienzahler getestet werden können, die von den gesetzlichen Regeln abweichen. Zwar können bereits heute Projekte lanciert werden. Der Spielraum ist aber gesetzlich begrenzt und wird von den Kantonen und Tarifpartnern wenig genutzt.
Mit dem neuen Experimentierartikel sind Versuche mit neuen Versicherungsmodellen denkbar oder im Bereich der integrierten Versorgung. Grundsätzlich befürworteten National- und Ständerat dieses Instrument von Anfang an. Das Parlament baute den Anwendungsbereich der Bestimmung jedoch stark aus.
Uneinig blieben sich die Räte lange Zeit über die Voraussetzungen für die Durchführung solcher Pilotprojekte. Der Nationalrat wollte im Gesetz Bereiche auflisten, in welchen Pilotprojekte vom Gesetz abweichen dürfen. Der Ständerat war lange Zeit gegen eine solche Auflistung.
Bei der letzten Beratungsrunde lenkte die kleine Kammer ein. Nach Überprüfung sowohl der rechtlichen Anforderungen als auch der materiellen Zielsetzungen der Regelung sei man zum Schluss gekommen, dass es gesetzlich klar abgesteckte Bereiche für Pilotprojekte brauche, sagte Pirmin Bischof (Mitte/SO) im Namen der Gesundheitskommission.
In der Einigungskonferenz ging es nur noch um Details des Pakets. Der Nationalrat stimmte am Mittwoch dem Antrag der einstimmigen Einigungskonferenz oppositionslos zu. Demnach sollen die Stärkung der Anforderungen der Qualität und die Förderung der Digitalisierung als weitere Zielsetzungen für Pilotprojekte im Gesetz verankert werden.
Eine weitere Massnahme ist die Einführung von landesweit einheitlichen Tarifstrukturen für ambulante Pauschaltarife. Das Parlament präzisierte, dass die Tarifpartner insbesondere dann von der gesamtschweizerisch einheitlichen Tarifstruktur abweichen dürfen, wenn regionale Gegebenheiten dies erfordern.
Schon heute gibt es Pauschalen neben den üblichen Einzelleistungstarifen. Sie beruhen aber jeweils auf einer Vereinbarung zwischen den Tarifpartnern.
Eine weitere Änderung betrifft die Rechnungskontrolle: Künftig müssen Leistungserbringer den Patienten eine Rechnungskopie zustellen, sofern diese von der Krankenkasse direkt gezahlt wird. Gestrichen hat das Parlament jedoch die Möglichkeit für den Bund, Organisationen zu subventionieren, die Patientinnen und Patienten bei der Interpretation und allenfalls bei der Anfechtung einer Rechnung zu unterstützen.
Am kommenden Montag befindet noch der Ständerat über den Antrag der Einigungskonferenz. Ein Ja ist aber reine Formsache, weil sich in den letzten beiden offenen Punkten die vom Ständerat favorisierte Lösung durchgesetzt hat. Am Ende der Session dürften die Räte die Vorlage definitiv verabschieden.
Voraussichtlich im Herbst diskutiert der Ständerat dann das nächste Bündel von Massnahmen - beispielsweise das umstrittene Referenzpreissystem. Hintergrund der geplanten Gesetzesänderungen ist die Verdreifachung der Krankenkassen-Kosten innerhalb von zwanzig Jahren.