Nationalrat heisst Annäherung des Erbrechts an EU-Recht gut
Der Nationalrat ist einverstanden damit, die Regeln für grenzüberschreitende Erbfälle dem EU-Recht anzunähern. Ziel ist es, dass in einem grenzüberschreitenden Erbfall nicht mehrere Behörden und Staaten tätig werden.

Das Wichtigste in Kürze
- Die EU habe ihr Erbrecht in diesem Punkt angepasst, damit es nicht länger zu Zuständigkeitsproblemen komme, sagte Kommissionssprecher Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS).
Es gehe jetzt darum, dass sich die Schweiz dieser Regelung angleiche, sagte Bregy.
Die Bevölkerung werde immer mobiler, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Ein grosser Teil habe mehrere Staatsbürgschaften oder verbringe einen Abschnitt des Lebens im Ausland. Es könne sein, dass bei einem Todesfall neben der Schweiz auch andere Staaten die Zuständigkeit im Erbfall für sich beanspruchen. Beispielsweise, wenn eine Frau nach ihrer Pensionierung in der Provence wohnt, dort verstirbt und in der Schweiz und der Provence Vermögen hat.
Der Bundesrat will daher das internationale Privatrecht der Schweiz dem EU-Recht angleichen, um das Risiko von Kompetenzkonflikten zwischen verschiedenen Staaten und sich widersprechenden Entscheidungen zu minimieren. Der Nationalrat zeigte sich mit 137 zu 51 Stimmen einverstanden damit.
Einzig die SVP-Fraktion stellte sich gegen die Anpassung. Es gebe keinen Handlungsbedarf, sagte SVP-Nationalrat Pirmin Schwander (SZ), denn materielle Widersprüche könnten damit keine gelöst werden. Zudem seien Kompetenzkonflikte im Erbrecht normal. Das sei auch in der Schweiz der Fall, wenn ein Verstorbener in verschiedenen Kantonen einen Nachlass hinterlasse. Da wolle auch jeder Kanton, dass der Nachlass im Kanton bleibe.
Es sei nicht nötig, mit dieser Vorlage einfach die EU-Erbrechts-Regelungen zu übernehmen. Die SVP-Fraktion wollte nicht auf die Vorlage eintreten, kam aber mit 128 zu 50 Stimmen nicht durch. Als nächstes befasst sich der Ständerat mit der Vorlage.
Die EU hat zur Verminderung dieser Probleme einheitliche Regeln für die Zuständigkeit in einem grenzüberschreitenden Erbfall festgelegt. Sie gelten für alle Erbfälle in der EU, die sich seit dem 17. August 2015 ereignet haben - mit Ausnahme von Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich.
Von der EU-Verordnung sind auch Erbfälle betroffen von Schweizerinnen und Schweizern, die in der EU wohnen - und von Personen, die in der Schweiz wohnen, und in der EU Vermögenswerte haben. Heute kann es vorkommen, dass sich sowohl Gerichte in der EU als auch in der Schweiz für den gleichen Erbfall zuständig erklären.
Ausländische Erblasserinnen und Erblasser sollen künftig ihr Vermögen oder den gesamten Nachlass in ihrem Heimatstaat in dessen Zuständigkeit unterstellen, um einem allfälligen Zuständigkeitsanspruch Rechnung tragen zu können. Auch Schweizerinnen und Schweizer sollen teilweise die Möglichkeit bekommen, auf einen ausländischen Zuständigkeitsanspruch Rücksicht zu nehmen.
Zudem sollen sowohl schweizerische als auch ausländische Staatsangehörige ausländische Grundstücke der Zuständigkeit des Staates unterstellen können, in welchen das Grundstück liegt. Doppelbürgerinnen und -bürger sollen zudem ihr ausländisches Heimatrecht wählen können. Und für Testamente soll neu der letzte Wohnsitz im Errichtungs- statt im Todeszeitpunkt massgebend sein.