Eine Pilotstudie findet 1002 Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche seit 1950. Der Grossteil der Täter dürfte straffrei davonkommen.
Bistum Münster bischöfliches generalvikariat
Ein Kardinal in der vatikanischen Audienzhalle. (Symbolbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Studie hat 1002 Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche seit 1950 ausgemacht.
  • Ein Grossteil der Täter dürfte straffrei davonkommen, ihre Taten sind bereits verjährt.
  • Zudem kann es vorkommen, dass Opfer keine Anzeige erstatten möchten oder können.
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In einer Pilotstudie hat die Universität Zürich insgesamt 1002 Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche seit 1950 ausgemacht.

In drei von vier Fällen zeugen die ausgewerteten Akten von sexuellem Missbrauch Minderjähriger: «von Säuglingen und vorpubertären Kindern bis hin zu postpubertären jungen Erwachsenen», wie es in der Studie heisst. 14 Prozent der Missbrauchsfälle betrafen Erwachsene, in 12 Prozent der Fälle konnte das Alter nicht eindeutig festgestellt werden.

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Dennoch dürften viele Beschuldigte keine Strafe erhalten.

Wie «SRF» berichtet, dürften viele Täter wohl straffrei davonkommen. Die meisten Fälle ereigneten sich zwischen den Jahren 1950 und 1970. Schwerer sexueller Missbrauch an Kindern unter zwölf Jahren verjährt erst seit der Annahme der Unverjährbarkeitsinitiative 2008 nicht mehr. Fälle, die bis 2008 bereits verjährt waren – also der Grossteil der in der Studie untersuchten – bleiben dies auch.

Viele Opfer erstatten keine Anzeige

Nach Veröffentlichung der Studie haben sich die Staatsanwaltschaften St. Gallen, Wallis und Graubünden eingeschaltet. Sie prüfen derzeit mögliche Delikte.

Die anonymisierten Täter zu identifizieren, sei aber nicht ganz einfach, so die Staatsanwaltschaft Graubünden gegenüber «SRF». Wenn Opfer Strafanzeige erstatten würden, würde dies die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden erheblich erleichtern.

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Laut Meldestelle für sexuelle Übergriffe der Schweizerischen Bischofskonferenz kommt es jedoch vor, dass Opfer keine Strafverfolgung einleiten möchten. «Ein Strafverfahren kann sehr belastend und retraumatisierend sein», sagt die Opferhilfeberaterin Agota Lavoyer.

Beim Kindesmissbrauch handle es sich oft um Wiederholungstaten, so Lavoyer. Daher wäre eine Strafanzeige wichtig, zum Schutz potenzieller weiterer Opfer.

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