Schweizer Bischöfe entschuldigen sich nach der Veröffentlichung des Missbrauchs-Berichts der Universität Zürich. Erste Konsequenzen folgen.
Bericht auf Tisch
Die Veröffentlichung des Berichts über Missbrauch in der katholischen Kirche hat erste Konsequenzen. - keystone
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Einen Tag nach der Veröffentlichung des Berichts der Universität Zürich über Missbrauchs-Fälle in der katholischen Kirche haben sich Schweizer Bischöfe entschuldigt und Besserung gelobt. Gleichzeitig gab es erste Konsequenzen.

Der Abt von Saint-Maurice trat in den Ausstand, der Bischof von St.Gallen reichte Strafanzeige ein, und ein Berner Kantonspolitiker forderte in einem Vorstoss die Sistierung der Zahlungen an die Kirche.

Diözese vernichtete zahlreiche Dokumente über Missbrauchsfälle

Als erster kündigte der des Missbrauchs beschuldigte Abt von St. Maurice VS, Jean César Scarcella, am Mittwochmorgen an, in den Ausstand zu treten, bis die Ermittlungen gegen ihn abgeschlossen sind. Er werde mit dem Untersuchungsleiter, Bischof Joseph Bonnemain, vollständig kooperieren. Scarcella leitet das Departement «Glaube, Liturgie, Bildung und Dialog» bei der Schweizer Bischofskonferenz (SBK).

Bericht auf Tisch
Der Bericht zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der Schweiz. - keystone

Später musste der Bischof von Lugano, Alain de Raemy, vor den Medien zugeben, dass seine Diözese zahlreiche Dokumente über Missbrauchsfälle vernichtet hatte. Es sei für das Bistum Lugano unmöglich, die Schuld in dieser Sache nicht anzuerkennen, sagte de Raemy. Es brauche Gerechtigkeit für die Opfer. Als konkrete Verbesserung stellte de Raemy die Schaffung einer unabhängigen Meldestelle für sexuelle Übergriffe in Aussicht.

«Pfarrer Tätscheli»

Danach räumte der St. Galler Bischof Markus Büchel «grosse Fehler» ein und kündigte eine Strafanzeige gegen Unbekannt an. Dabei geht es um sexuelle Übergriffe eines Pfarrers, der in der Universitäts-Studie den Übername «Pfarrer Tätscheli» erhalten hatte.

Dessen mutmassliche Straftaten waren von Büchels Vorgänger Ivo Fürer ignoriert worden. Er habe diese Vorwürfe nicht erneut geprüft und wisse auch heute noch nicht, wer die Person sei. Doch jetzt werde er sich für ein schonungsloses Aufdecken und Aufarbeiten einsetzen, sagte Büchel.

Umgehängtes Kreuz Bischof
Das umgehängte Kreuz von Bischof Markus Büchel anlässlich einer Medienkonferenz zu seiner Stellungnahme zu den St. Galler Themen in der vorgestellten Studie über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche. - keystone

Zum Schluss bestritt der Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey, vor den Medien jegliche Kenntnis und Vertuschung der Vorfälle. Gegen ihn ermittelt die SBK ebenfalls. «Ich habe kein Dokument aus diesem Bereich in den Archiven vernichtet», versicherte er. Sollte die Untersuchung über sexuellen Missbrauch und dessen Vertuschung ihn jedoch belasten, würde er zurücktreten, sagte Lovey.

«Kulturwandel innerhalb der Kirche»

Auch die anderen Bischöfe äusserten sich am Mittwoch betroffen: Charles Morerod, Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg, Charles Morerod, bezeichnete die Ergebnisse der Studie in einer Medienmitteilung als «erschütternd».

Der Bericht zeige einmal mehr den schlechten Umgang mit Missbrauchsfällen in der Kirche auf. «Wir setzen uns für einen Kulturwandel innerhalb der Kirche ein», versicherte Morerod. Er erinnerte daran, dass dieser insbesondere dank der Opferhilfe bereits begonnen habe.

Charles Morerod
Charles Morerod, Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg, bezeichnet den Bericht über die Missbräuche in der katholischen Kirche als «erschütternd». (Archivbild) - sda - KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Und SBK-Präsident Felix Gmür sagte gegenüber Schweizer Radio SRF: «Als ich die Studie gelesen hatte, war ich wirklich kaputt». Das sind 1002 Menschen, Gesichter, zerstörte Leben, zerstörtes Vertrauen, Familien, Umwelt

Aufarbeitung sei interne Sache der Kirche

Gleichzeitig wurde die Politik aktiv: In einer am Mittwoch eingereichten Motion forderte der Berner GLP-Grossrat Tobias Vögeli finanzielle Konsequenzen für die katholische Kirche und zwar bis ein «Konzept vorliegt, das die Übergriffe innerhalb der katholischen Kirche des Kantons Bern in den letzten Jahrzehnten umfassend und transparent aufarbeitet und in Zukunft verhindert».

Die Aufarbeitung der Fälle sei zwar eine interne Sache der Kirche und entziehe sich der Kontrolle des Kantons Bern. Doch diesen treffe «eine politische und historische Verantwortung», weil die Beschuldigten zum Zeitpunkt der ihnen vorgeworfenen Taten durch die kantonalen Beiträge an die Pfarrerlöhne «Staatsangestellte» gewesen seien.

Die Ergebnisse und Massnahmen zur Anpassung des Systems der katholischen Kirche müssten deshalb unabhängig geprüft werden. Erst dann dürften die Gelder wieder freigegeben werden.

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