Seit Monaten nutzt ein Mann das Restaurant der Migros in Langnau i.E. BE als Büro. Ein Gast gibt alles, ihn auffliegen zu lassen – und ist erfolgreich dabei.
Mann ausgebreitet Migros Restaurant
Seit Monaten breitet sich ein Mann im Migros Restaurant Langnau i.E. BE jeden Tag über sechs Plätze aus. - Leser-Reporter

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Mann benutzte ein Migros-Restaurant monatelang als Büro.
  • Dies störte einen anderen Gast: Er beschwerte sich immer und immer wieder – mit Erfolg.
  • Der Breitmacher scheint sich seither seltener blicken zu lassen.
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Nau.ch-Leser J. Orno* ist empört: Seit Monaten besetzt ein Mann in einem Migros-Restaurant in Langnau i.E. BE einen ganzen Sechsertisch für sich alleine. Er nutzt den Hochtisch als Büro – mit Notebook, Smartphones und Ladekabel ausgerüstet.

Es kommt noch besser: «Ich habe den Mann noch nie dort essen sehen», sagt Orno gegenüber Nau.ch. «Wenn überhaupt, ist er sich im Migros-Laden oben etwas holen gegangen und hat es dann draussen gegessen. Ausser zwei oder drei Kaffees hat er im Restaurant nichts konsumiert.»

Wie sollte die Geschäftsleitung reagieren?

Eine Frechheit, findet Orno. Er spricht mit verschiedenen Mitarbeitenden und auch dem Betriebsleiter selbst. Dessen Antwort fällt laut Orno jedoch immer gleich aus: Der Mann konsumiere ja.

Doch wie sollte man als Geschäftsleitung auf eine solche Situation reagieren? Verscheucht man einen (wenn auch wenig) zahlenden Kunden, weil er einen anderen stört?

Das sei allgemein schwierig zu beurteilen, meint «GastroSuisse»-Mediensprecherin Iris Wettstein auf Anfrage von Nau.ch. Sie empfiehlt dem Restaurant, das Gespräch mit den Gästen zu suchen. Dabei könnten deren «Bedürfnisse abgeholt werden» und man könne auf sie eingehen.

Migros Restaurant
Seit Monaten besetzt ein Mann im Migros-Restaurant Langnau i.E. fast täglich einen Sechsertisch für sich allein. (Symbolbild)
Arbeiten
Er scheint dort zu arbeiten, denn er kommt mit Laptop, Handys und Ladekabel ausgerüstet. (Symbolbild)
Volles Migros-Restaurant
Dies stört einen anderen Gast sehr – gerade zur Mittagszeit sind die Migros-Restaurants nämlich voll.
Nachdem er mit dem Filialleiter gesprochen hatte, schrieb der empörte Gast der Migros Aare einen Beschwerdebrief.
Sébastian Lavoyer
Mit dem Breitmacher sei gesprochen worden, antwortet der Mediensprecher der Migros Aare, Sébastian Lavoyer. Seither habe er sich seltener im Restaurant blicken lassen.

Für Orno ist der Fall jedoch klar: Es muss etwas geschehen, und zwar «subito». Also schreibt er der Genossenschaft Migros Aare einen Beschwerde-Brief. «Mich, als Gast, der häufig in diesem Restaurant verkehrt, stört das Verhalten des Mannes», steht darin. «Insbesondere um die Mittagszeit, wenn alle Tische besetzt sind.»

Die Genossenschaft antwortet: Das Verhalten des Herrn werde nicht einfach toleriert – es hätten bereits «Gespräche stattgefunden». Mit wem, ist jedoch nicht ganz klar.

Vertriebsleiter: Diese Migros ist «ein Restaurant und kein Coworking-Space»

Hier kommt Nau.ch ins Spiel – wir haben auf Wunsch von Orno bei der Migros nachgefragt. Wurde der Mann auf seine Breitmacherei angesprochen?

Der Vertriebsleiter hätte den besagten Herrn schon vor Weihnachten konfrontiert, sagt Sébastian Lavoyer, Mediensprecher der Migros Aare, auf die Frage.

«Sie befinden sich in einem Restaurant und nicht in einem Coworking-Space», habe der Vertriebsleiter gesagt. «Wir freuen uns über ihre Besuche, aber nicht während acht bis neun Stunden am Tag.»

Wie hätten Sie reagiert, wenn jemand täglich für mehrere Stunden in Ihrem Restaurant einen Tisch blockiert?

Der Mann hätte mit Unmut und Unverständnis reagiert, schildert Lavoyer. «Laut Beobachtungen vom Filialleiter ist er aber seit Jahresbeginn seltener im Migros-Restaurant.» Die Bemühungen von Orno haben sich also ausgezahlt.

Eine ähnliche Situation ereignete sich kürzlich in einem Zug der Südostbahn: Eine Frau breitete sich dort alleine mit ihrer Skiausrüstung über ein ganzes 4er-Abteil aus. Sie legte sogar ihre Füsse auf den gegenüberliegenden Sitz.

Verhaltensforscher Christian Fichter beobachtet solche Ereignisse mit Sorge: «Der Egoismus im öffentlichen Raum hat tatsächlich zugenommen», sagt er gegenüber Nau.ch. Ein «Mindestmass an Anstand und Rücksichtnahme» müsse selbstverständlich sein.

*Name der Redaktion bekannt

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