«Lehre»: Deutsche kritisieren Schweiz, weil wir nicht in EU sind
In Deutschland wird die Schweiz kritisiert. Man habe mit dem Zollhammer gesehen, wie verletzlich ein Kleinstaat ohne Verbündete sei.

Das Wichtigste in Kürze
- Deutschland kritisiert die Schweiz, der Zollhammer fiel, weil sie nicht in der EU ist.
- In Brüssel wurden die 39 Prozent mit einer gewissen Schadenfreude registriert.
- Der «Spiegel»-Auslandschef fordert, dass die Schweiz sich grosse Zukunftsfragen stellt.
Die von Donald Trump für die Schweiz verhängten Zölle von 39 Prozent sorgen weiterhin für Schlagzeilen, auch im Ausland. Nachdem die deutsche Presse zuerst Bundespräsidentin Keller-Sutter als «Patzpräsidentin» betitelt habt, zeigt sie nun, was die Schweiz lernen sollte. In einem Leitartikel fragt Mathieu von Rohr, Leiter des Auslandsressorts des «Spiegels»: «Wie lange will die Schweiz noch so tun, als könnte sie allein bestehen?»
Er erzählt, wie die Zölle zustande gekommen sind, wie die Schweiz nach der ersten Zollankündigung auf einen guten Deal hoffte. Wie Keller-Sutter glaubte, eine gute Verbindung zu Trump zu haben, wie die «Rechtspopulisten von der SVP» über Trump jubelten. Und wie Magdalena Martullo-Blocher behauptet, dass der US-Präsident die Schweiz «liebt». Wie Keller-Sutter und Guy Parmelin in einem «filmreifen Finale» noch nach Washington flogen und ohne Resultat nach Hause kamen.
Von Rohr glaubt, den Grund zu kennen, wieso Trump die Schweiz so hart abstraft: «Die Schweiz ist reich, sie ist alleine, sie ist nicht Teil der EU, sie hat keine Druckmittel, sie ist schutzlos.» Das Ganze sei «ein Lehrstück darüber, wie verletzlich ein Kleinstaat ohne Bündnispartner geworden ist». Denn es gelte wieder das Recht des Stärkeren.
Das Schweizer Erfolgsmodell funktioniere aber nur, wenn Regeln herrschten, auf die sich die Kleinen verlassen könnten. Bröckle die globale Ordnung mit Regeln, verliere die Schweiz ihr Sicherheitsnetz.
Bessere Chancen für Bilaterale III dank Zollhammer?
Der Auslandschef des «Spiegels» schreibt, EU-Hauptstädte hätten den Zollhammer für die Schweiz «mit einer gewissen Schadenfreude registriert». Denn so sehe das EU-Ergebnis von Zöllen von 15 Prozent nicht mehr so schlecht aus. Und man lerne daraus, dass wer alleine verhandelt, draufzahle.
Von Rohr beschreibt die komplizierte Beziehung zwischen der EU und der Schweiz. Die hohe Ablehnung eines Beitritts und den unsicheren Ausgang der Abstimmung über die Bilateralen III. Doch der Zollhammer habe die Ausgangslage verändert, das Vertragspaket habe grössere Chancen.
Die Schweiz müsse sich grosse Zukunftsfragen stellen: «Will die Schweiz weiter so tun, als bräuchte sie niemanden und hätte im Zweifel eine Vorzugsbehandlung verdient? Oder zieht sie aus dem Zollschock die Lehre, dass kleine Staaten Verbündete brauchen?» Die Kleinen müssten in der aktuellen Welt ein Lager suchen, «oder riskieren, von allen Seiten unter die Räder zu kommen.»
«Spiegel»-Auslandschef Mathieu von Rohr hat eine klare Antwort: «Der Platz der Schweiz ist in Europa.»