Die Krankenkasse Groupe Mutuel empfiehlt einem Kunden den Wechsel zur höheren Franchise. Obschon sich dieser nicht lohnt. Für einen Experten «grenzwertig».
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Die Krankenkassenprämie steigt – umso mehr ist es wichtig, auf Einsparungen zu achten. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Groupe Mutuel empfiehlt einem Kunden die Erhöhung der Jahresfranchise.
  • Ein Wechsel lohnt sich für ihn aber keinesfalls.
  • Ein Experte rügt die Krankenversicherung und spricht von unlauterem Wettbewerb.
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Nau.ch-Leser Tom W.* ist überrascht, als er ein Schreiben von seiner Krankenkasse Groupe Mutuel erhält: «Sparen Sie 1428 Franken pro Jahr im Vergleich zu Ihrer aktuellen Grundversicherung!» Denn: Würde der Kunde seine Franchise von 300 auf 2500 Franken erhöhen, würde er durch die niedrigere Prämie diesen Betrag einsparen.

Tom W.* runzelt die Stirn: «Meine Franchise schöpfe ich seit eh und je aus. Warum also sollte ich eine höhere Franchise in Anspruch nehmen?»

Er wittert Abzocke und meldet sich bei Nau.ch.

Wir fragen bei Comparis nach. Krankenkassen-Experte Felix Schneuwly erklärt: «Ausschlaggebend ist nicht das Ausschöpfen der Franchise, sondern ob eine Kundin oder ein Kunde jährlich weniger als 2000 Franken für medizinische Leistungen zahlt.»

Haben Sie Ihre Krankenkasse dieses Jahr gewechselt?

Treffe dies zu, mache die Maximal-Franchise von 2500 Franken Sinn.

Zahle er hingegen mehr als 2000 Franken, sei der Fall klar: Hier müsse zur 300er-Franchise gegriffen werden. «Eine Erhöhung der Franchise macht auf keinen Fall Sinn.» Und alles dazwischen lohne sich in der Regel nicht.

Wie kommt der ausschlaggebende Betrag von 2000 Franken zustande? Schneuwly: «Es geht um den Mix von Selbstbehalt und Franchise und das daraus resultierende Risiko, welches der Versicherte trägt.»

Doch Tom W. weiss: «Auch diese 2000 Franken überschreite ich wegen regelmässiger Behandlungen Jahr für Jahr. Meine Krankenkasse sollte das doch wissen – warum also will sie mich zu einer Franchisen-Erhöhung bewegen?»

Experte: Krankenkasse Groupe Mutuel will unwissende Kunden ausnutzen

Groupe Mutuel rechtfertigt das Schreiben auf Anfrage mit dem Prämienanstieg. Im selben Zug erklärt das Unternehmen: Ob sich ein Franchisen-Wechsel für einen Kunden wirklich lohnt, darf die Krankenkasse gar nicht beurteilen. Werbung für einen Wechsel schickt man also einfach allen.

Grund: «Laut Gesetz können Daten über Gesundheitskosten nur dazu verwendet werden, um Rückerstattungen der Rechnungen zu verwalten.»

Schreiben der GroupeMutuel
Dieses Schreiben sorgte bei einem Kunden der Groupe Mutuel für Staunen.
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Grund, ihm wird ein Wechsel zur einer höheren Franchise empfohlen. Obschon sich dies nicht lohnen würde.
Groupe Mutuel
Die Groupe Mutuel erklärt das damit, dass sie Daten zu Gesundheitskosten gar nicht für Marketing-Zwecke nutzen dürfe.
Krankenkassen Prämien Felix Schneuwly
Für den Krankenkassen-Experten Felix Schneuwly von Comparis ist aber klar:
Coronavirus Ertrag Überschuss Luzern
Hier soll unwissenden Kunden Geld aus der Tasche gezogen werden

Damit es nicht zu einem Irrtum komme, «weisen wir unsere Kunden bei Klick auf den Empfehlungs-Link darauf hin, dass sie (...) einen grösseren Teil ihrer Gesundheitskosten selbst tragen müssen».

Doch: Dass die Versicherung trotzdem mit einer Kostenersparnis lockt, ist für den Comparis-Experten «grenzwertig».

Zwar stimme es, dass Krankenversicherungen die gesammelten Daten nicht für Marketing-Zwecke verwenden dürften. «Aber dann sollten sie schweigen und den Kunden gar nicht so eine Empfehlung zur ‹Kostenersparnis› abgeben.»

Für Schneuwly steht fest: «Die Unwissenheit von Kunden auszunutzen, ist nicht fair. Eine solche Empfehlung ist unlauter.»

Der Experte empfiehlt dem Groupe-Mutuel-Kunden eine Meldung an die zuständige Ombudsstelle oder an das BAG.

*Name der Redaktion bekannt

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