Könnte die Schweiz Trumps Zölle via Liechtenstein umgehen?
Für Schweizer Exporte in die USA gilt ab Donnerstag ein Zoll von 39 Prozent. Besser kommen die Nachbarn davon. Können Firmen das ausnützen? Experten ordnen ein.

Das Wichtigste in Kürze
- Die tieferen US-Zölle in den Nachbarländern könnten Schweizer Firmen zu Tricks animieren.
- Dominique Ursprung von der ZHAW sagt aber: Das wäre eine Hochrisikostrategie.
- Peter V. Kunz von der Uni Bern ist ebenfalls skeptisch.
39 Prozent für die Schweiz – «nur» 15 Prozent für Liechtenstein und die EU: Bei den von Donald Trump angekündigten US-Zöllen schneiden die Nachbarstaaten deutlich besser ab als die Eidgenossenschaft. Vorausgesetzt, die Zölle bleiben tatsächlich so.
Eine Idee, auf die man deshalb kommen könnte: Waren zunächst in die Nachbarländer exportieren und dann erst in die USA.
Die Schweiz hätte ja schliesslich eine Zollunion mit dem Ländle. Experten sind allerdings skeptisch, was diese Idee angeht.
Umgehen von Zöllen wäre für Firmen «Hochrisikostrategie»
Dominique Ursprung, Dozent für internationale Beziehungen an der ZHAW, sagt gegenüber Nau.ch: «Für Firmen ist ein Umgehen der Zölle, beispielsweise via Liechtenstein, sehr heikel.»
Denn falls diese Praxis auffliegt, drohen Bussen und noch höhere Strafzölle. Die US-Regelung zum sogenannten «Transshipment» sieht konkret zusätzliche Strafzölle von 40 Prozent vor.
Das heisst: Wenn Waren umgeleitet werden, um geltende Zölle zu umgehen, kann dies noch höhere Kosten zur Folge haben.

«Für Firmen ist ein solches Vorgehen klar nicht empfehlenswert, da es sich um eine Hochrisikostrategie handeln würde», sagt Ursprung deshalb. Gleiches gelte übrigens für Länder wie Liechtenstein.
Denn wenn diese das Umgehen der Zölle tolerieren, könnten ihnen unter Umständen ebenfalls höhere Zölle drohen. Ursprung betont jedoch, dass die US-Definition des sogenannten Transshipments nicht eindeutig sei.
Eine mögliche Erklärung dafür: «Es gibt Vermutungen, wonach Trump diese Definition extra vage gehalten hat. Dies, um eine Drohkulisse aufzubauen und die Akteure davon abzuhalten, das Risiko einzugehen.»
Trump kreiere mit seiner Zollpolitik «grundsätzlich eine unkonventionelle Situation», so Ursprung. «Die Umsetzung ist schwierig, da viele wichtige Punkte, die eigentlich Teil solcher Handelsabkommen sind, nicht präzise vereinbart und festgehalten worden sind.»
«Blosser Briefkasten» reicht wohl nicht
«Ich bin eher skeptisch, ob dies eine funktionsfähige Möglichkeit darstellt», sagt auch Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz von der Universität Bern gegenüber Nau.ch.
Der Aufbau der notwendigen Infrastruktur im Ausland wäre teuer und würde sicherlich Monate beanspruchen. «Die Regierung Trump dürfte ausserdem solche Umgehungsmöglichkeiten in den Dekreten zur Umsetzung ausschliessen», so Kunz.
Das hiesse am Ende wohl: «Viel Aufwand für wenig Ertrag.»

Zudem hebt Kunz die Schnelllebigkeit von Trumps Entscheiden hervor: «Was machen wir, wenn Präsident Trump plötzlich die Zölle für Liechtenstein oder die EU erhöht? Dann würde sich eine Produktionsverlagerung nicht mehr rechnen.»
Ein «blosser Briefkasten» ohne Produktion im oder Ausfuhr ins Ausland würde wohl nicht reichen. Stattdessen bräuchte es eine eigentliche Infrastruktur mit Büros und Personal.
Kunz sagt deshalb: «Ich warne vor formalistischen Schlaumeiereien im Hinblick auf Exporte in die USA, die nicht ausreichen dürften.»
Wie Ursprung hebt auch Kunz hervor, dass viele Details noch nicht bekannt sind. «Momentan liegen noch keine ausformulierten Zollregelungen vor, die durch die USA zu erlassen sind.»
Allerdings könnten scharfe Sanktionen drohen, betont Kunz. «Die Amerikaner sind keine Amateure, sondern Profis. Es sollte nicht versucht werden, sie mittels Buebetrickli über den Tisch zu ziehen.»
Investitionsversprechen sind für die Schweiz nichts Neues
Interessant findet Ursprung, wie die EU überhaupt zu einem besseren Deal gekommen ist. Unter anderem Versprechen für Investitionen in den USA sollen hierbei eine Rolle gespielt haben. «Die EU kann dieses Versprechen eigentlich gar nicht halten, da letztlich die Privatwirtschaft entscheidet, ob sie investieren will.»
Auch die Schweiz habe dieses Mittel beispielsweise im Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und Indien bereits angewendet. «Den USA Investitionsversprechen zu machen, ist deshalb auch aus Schweizer Sicht nicht neu.»