Der Berufungsprozess gegen die zwölf im Januar freigesprochenen Klimaaktivisten ist am Dienstag in Renens (VD) eröffnet worden.
Dutzende Unterstützer bekundeten vor dem Gerichtsgebäude ihre Solidarität mit den angeklagten Klimaaktivisten.
Dutzende Unterstützer bekundeten vor dem Gerichtsgebäude ihre Solidarität mit den angeklagten Klimaaktivisten. - sda - Keystone/LAURENT GILLIERON
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Das Wichtigste in Kürze

  • Die Klimaaktivisten von Lausanne stehen erneut vor Gericht.
  • Sie spielten in einer CS-Filiale Tennis, um gegen die Geschäfte der Bank zu protestieren.
  • In erster Instanz wurden sie überraschend freigesprochen.

Im Mittelpunkt steht erneut die Frage, ob es sich bei einer Aktion um einen «rechtfertigenden Notstand» gehandelt habe. Der Prozess findet teilweise hinter geschlossenen Türen statt, wegen der Corona-Pandemie ohne Publikum.

Die Anwältin Irene Wettstein, rechts, vertritt die Klimaaktivisten unentgeltlich vor Gericht. - keystone

Nur die Medien sind anwesend. Allerdings standen rund 70 Unterstützer der Klimaaktivisten vor dem Gericht Spalier und applaudierten den Angeklagten und ihren Anwälten bei ihrer Ankunft.

Tennis-Match in CS-Filiale

Die zwölf Jugendlichen, mehrheitlich Studenten, stehen vor Gericht, weil sie im November 2018 illegal Räumlichkeiten der Credit Suisse in Lausanne besetzt haben sollen. Sie hatten sich als Roger Federer verkleidet, der Botschafter der Bank ist, und eine Partie Tennis gespielt, um die Investitionen der Grossbank in fossile Brennstoffe anzuprangern.

Zum Prozess kam es, weil die Klimaaktivisten die Strafbefehle anfochten, die ihnen die Justiz aufgebrummt hatte.

Klimaaktivisten Federer Credit Suisse
Als Tennisspieler verkleidete Umweltaktivisten protestierten im November 2018 in Lausanne, Genf und Basel gegen die «klimaschädliche Investitionspolitik der Schweizer Grossbanken». Im Bild die Aktion bei der Credit Suisse in Genf. (Archivbild) - Keystone

Überraschender Freispruch in erster Instanz

Überraschend gab es in erster Instanz vor dem Bezirksgericht Lausanne einen Freispruch. Der Gerichtspräsident und Einzelrichter Philippe Colelough war der Auffassung, dass die Aktivisten aus Gründen eines «rechtfertigenden Notstandes» gehandelt hätten. Er befand, dass ihr Vorgehen angesichts der Klimakatastrophe «notwendig und angemessen» gewesen sei.

Ihre Aktion sei der «einzige wirksame Weg gewesen, um die Bank zu einer Reaktion zu bewegen, und der einzige Weg, um die notwendige Aufmerksamkeit von den Medien und der Öffentlichkeit zu erhalten.

Das am 13. Januar gefällte Urteil fand ein überwältigendes Echo: Es war das erste in der Schweiz und eines der wenigen in der Welt, das einen Notstand in Bezug auf die Klimaerwärmung anerkannte.

Urteil am Donnerstag erwartet

Die Waadtländer Staatsanwaltschaft legte jedoch Rekurs ein, da sie der Ansicht war, dass der Notstand in diesem Fall nicht gegeben sei. Die Staatsanwaltschaft, die bei der Verhandlung im Januar nicht anwesend war, ist diesmal am Verfahren beteiligt. Sie wird von Generalstaatsanwalt Eric Cottier vertreten, der den Fall übernommen hat.

Wegen der Corona-Pandemie waren vor Gericht keine Zuschauer zugelassen. Die Unterstützer der Klimaaktivisten standen stattdessen vor dem Gericht Spalier. - keystone

Im Gegenzug werden die zwölf Klimaaktivisten weiterhin von einer Armada von einem Dutzend Anwälten verteidigt, die unentgeltlich für die Angeklagten arbeiten. Für diesen Berufungsprozess hatten sie die Vernehmung von zwei Zeugen beantragt, darunter ein Klimatologe und ein Spezialist für nachhaltige Finanzen, aber das Gericht lehnte ihren Antrag ab.

Das Urteil wird am Donnerstag erwartet. Doch damit wird der Fall sicher nicht abgeschlossen sein. Beide Seiten haben bereits angedeutet, dass sie Sache je nach Urteil des Berufungsgerichts an das Bundesgericht weiterleiten werden.

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