Das Bettelgesetz im Kanton Waadt wird der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angepasst.
Kanton Waadt
Das Bettelgesetz im Kanton Waadt wird angepasst. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Aggressives Betteln an belebten Orten soll im Kanton Waadt verboten werden.
  • Somit passt sich das Bettelgesetz dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an.

Der Kanton Waadt passt sein Bettelgesetz an. Es wird in Einklang zu mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gebracht. Aufdringliches oder aggressives Betteln sowie Betteln an stark frequentierten Orten soll künftig verboten sein.

Der Staatsrat hat einen entsprechenden Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung geschickt, wie er am Mittwoch mitteilte. Die Kantonsregierung schlägt zudem vor, die Geldstrafen gegen die Ausbeutung von Bettlern zu verschärfen. Diese sollen bis zu 10'000 Franken betragen, im Wiederholungsfall das Doppelte.

Nötig ist die Gesetzesrevision wegen eines Urteils der Strassburger Richter. Der EMGR hatte die Schweiz im Januar wegen einer unverhältnismässigen Bestrafung einer rumänischen Bettlerin in Genf verurteilt.

Bettelnde Frau wurde mit Busse bestraft

Die 22-jährige Frau aus sehr armen Verhältnissen wurde 2014 von den Genfer Justizbehörden mit einer Busse von 500 Franken belegt. Weil sie die Busse nicht bezahlen konnte, musste sie als Ersatzstrafe fünf Tage ins Gefängnis.

Innerhalb von drei Jahren wurden der jungen Frau neun Verstösse gegen das Genfer Bettelverbot vorgeworfen. Mit dem erbettelten Geld deckte sie die wichtigsten Lebensbedürfnisse. Das Bundesgericht stützte den Entscheid der Genfer Justiz.

Der Gerichtshof kam zum Schluss, dass die Schweiz mit dieser Sanktion gegen den Kerngehalt des Rechts auf Achtung des Privatlebens verstossen habe. Eine solche Massnahme muss laut EGMR durch ein grundlegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sein, was vorliegend nicht der Fall sei.

Bettelgesetz
Eine arme Frau wurde in Genf mit einer Busse bestraft. (Symbolbild) - Keystone

Der Kanton Genf setzte daraufhin das geltende Bettelverbot ausser Kraft. Seit dem Urteil der Strassburger Richter konnten die Waadtländer Behörden das geltende Bettelgesetz nicht mehr anwenden.

In Genf ist das Gesetz inzwischen angepasst worden. Der Grosse Rat hiess im vergangenen Dezember eine neue Fassung des Bettelgesetzes aus den Reihen der Ratsrechten gut. Im Kanton Basel-Stadt war bereits im September 2021 ein neues Gesetz in Kraft getreten, das «organisiertes, aggressives und aufdringliches» Betteln verbietet.

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