Der Kanton Genf kann das Betteln nicht verbieten, aber schränkt es stark ein. An stark frequentierten Orten, wie bei Bahnhöfen, soll Betteln untersagt werden.
Bettler Strasse spenden sammeln
Ein Bettler auf einer verregneten Strasse, er sammelt Spenden in einem Kaffeebecher. - keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Genf will das Betteln an stark besuchten Orten, wie in Bahnhöfen, verbieten.
  • Der Abstimmung ging eine emotionale Debatte voraus.
  • Zudem wurde eine Verletzung der Menschenrechte vorgeworfen.

Der Kanton Genf kann das Betteln nicht verbieten, er schränkt es aber stark ein. Der Grosse Rat hat am Freitag eine neue Fassung des Bettelgesetzes aus den Reihen der Ratsrechten angenommen.

Die Abgeordneten votierten schliesslich mit 54 zu 42 Stimmen bei einer Enthaltung für das angepasste Gesetz. Die Rechte votierte geschlossen dafür, die Linke geschlossen dagegen.

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Das Genfer Quartier des Grottes hinter dem Bahnhof Cornavin (Symbolbild). - Keystone

Künftig ist Betteln an stark frequentierten Orten wie Einkaufszonen, Bahnhöfen, Banken, Parkplätzen und Poststellen verboten. Das Gesetz sieht auch vor, minderjährige Bettler, Betteln in Begleitung von Minderjährigen, organisiertes Betteln oder aggressives Betteln zu bestrafen.

Die Schweiz wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt

Das bisherige Bettelgesetz aus dem Jahre 2008 hatte das Betteln auf dem gesamten Genfer Staatsgebiet verboten. 2014 war eine Rumänin in Genf wegen Bettelns auf öffentlichen Strassen zu einer Busse von 500 Franken verurteilt worden.

Die arbeitslose Frau gehörte der Roma-Gemeinschaft an und bezog keine Sozialhilfe. Anschliessend wurde sie fünf Tage in Untersuchungshaft gesetzt, weil sie die Geldstrafe nicht bezahlt hatte. Das Bundesgericht bestätigte das Urteil der Vorinstanzen.

Anderer Ansicht war jedoch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg. Er kam im Januar zum Schluss, dass diese Strafe unverhältnismässig war. Darüber hinaus ein vollständiges Verbot des Bettelns gegen die Menschenrechte verstösst. Der Kanton Genf setzte daraufhin das geltende Bettelverbot ausser Kraft.

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Auf den Basler Strassen wird mehr gebettelt (Symbolbild) - Nau

Das Urteil des EGMR verhindere nicht, dass das Betteln einen gesetzlichen Rahmen erhalte, sagte FDP-Grossrat Pierre Conne in der Debatte. Dies sei nicht nur notwendig, um Spannungen zwischen Bettlern und der Bevölkerung zu vermeiden. Sondern auch, um die Bettler zu schützen, die verletzlich seien, erklärte Conne. «Man darf sich nicht täuschen lassen: Organisiertes Betteln existiert und muss bekämpft werden», sagte der CVP-Politiker Sébastien Desfayes.

Gesetzentwurf wurde scharf kritisiert

Der Sozialdemokrat Alberto Velasco kritisierte die «Hetze gegen die Roma-Gemeinschaft». «Der Gesetzentwurf der Rechten ist unwürdig: Man muss aufhören, die Roma zu stigmatisieren», betonte er. «Die Grüne Dilara Bayrak zeigte sich empört über die »rassistischen Untertöne« in der Debatte.

Mit dem neuen Gesetz geht Genf einen ähnlichen Weg wie Basel-Stadt. Im vergangenen Juni verabschiedete der Basler Grosse Rat ein Gesetz, das organisiertes, «aggressives und aufdringliches» Betteln verbietet. Betteln ist auch im öffentlichen Raum verboten, wenn es die Sicherheit, Ruhe und Ordnung beeinträchtigt.

Das Betteln in «aufdringlicher oder aggressiver Art und Weise» wird in Basel mit einer Busse von 100 Franken bestraft. Für das Betteln an neuralgischen und besonders sensiblen Örtlichkeiten ist eine Busse von 50 Franken vorgesehen.

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