Jugendliche zwingen jüngere Kinder, ihnen Geld zu twinten
Eine neue Mache junger Straftäter ist es, jüngere Kinder dazu zu zwingen, ihnen Geld zu twinten. Viele Opfer gehen aus Angst nicht zur Polizei.

Das Wichtigste in Kürze
- Jugendliche zwingen jüngere Kinder immer häufiger dazu, ihnen Geld zu twinten.
- Viele Opfer wollen die Täter nicht anzeigen, da sie sich vor Racheaktionen fürchten.
- Die Polizei drängt aber dazu und betont, Opfer in solchen Fällen zu unterstützen.
Spätestens seit der Corona-Pandemie haben immer weniger Leute Bargeld dabei. Das hat auch Auswirkungen auf die Jugendkriminalität, wie der «Tagesanzeiger» berichtet.
So kommt eine neue Masche immer häufiger vor: Der Twint-Überfall, bei dem Jugendliche jüngere Kinder zwingen, ihnen Geld zu twinten.
Auch über die Leih-Akkus von Chimpy versuchen sie, anderen Geld abzunehmen. Dabei werden die Opfer dazu gebracht, eine Powerbank an einem Selecta-Automaten für 20 Franken zu kaufen. Die Täter geben sie dann später zurück und kassieren das Depot von 15 Franken ein.
Die Stadtpolizei Zürich macht sich keine grossen Sorgen über diese neuen Maschen, Jugendkriminalität zeichne sich immer durch «Erfindungsreichtum» aus. Schwieriger sei, dass die Delikte in Gruppen verübt werden. Bandenkriminalität mit dauerhaften, organisierten Strukturen gebe es weiterhin nicht. Doch junge Verdächtige würden ihre Mittäter nur selten verraten.
Ein weiteres grosses Problem ist die hohe Dunkelziffer: Viele Opfer erstatten keine Anzeige. Für die Stadtpolizei sei es ein «zentrales Anliegen», die Opfer zur Anzeige zu motivieren, sagt Sprecher Marc Surber.
Keine Anzeige aus Angst vor Rache
Dies erfuhr auch die Mutter von Moritz, einem Jungen, der von anderen Jugendlichen in Zürich ausgeraubt wurde. Er sei mit einem Kollegen von zwei älteren Teenagern bedrängt und zur Twint-Überweisung gezwungen worden. Er sie «völlig ausser sich» nach Hause gekommen, erzählt die Mutter, sie selbst sei überfordert gewesen.
Zur Information habe sie die Stapo angerufen, sagt sie dem «Tagesanzeiger». «Mein Gefühl war, dass sie uns zur Anzeige drängen wollten, aber ich will Moritz' Vertrauen nicht verspielen.» Und der Junge wollte keine Anzeige erstatten. Aus Furcht vor Rache und weil es sich bloss um fünf Franken handelte.
Auch Jonas, ein Nachbar von Moritz, wurde schon ausgeraubt. Doch er will ebenfalls nicht zur Polizei: «Wir haben Angst, dass die uns auflauern oder uns verprügeln, wenn wir sie anzeigen.»
Die Stapo stellt tatsächlich bei einzelnen Tätergruppen Einschüchterungsversuche fest. «Die Angst vor Racheakten ist aber in der Regel unbegründet.» Denn die Polizei werde die Betroffenen unterstützen.
Patrik Killer von der Jugendstaatsanwaltschaft Zürich erklärt, dass man Rayon- oder Kontaktverbote verhängen könne. Opfer werden deshalb darauf hingewiesen, sich sofort zu melden, wenn es nach einer Anzeige Drohungen gebe. Auch er drängt zu Anzeigen, da dies in aller Regel die Täter stoppe. «Gibt es hingegen keine Anzeige, geht es unter Umständen immer weiter.»