In Schweizer «Pedo-Hunter»-Chats kursieren Nazi-Parolen
«Pedo-Hunter» locken mutmasslich Pädophile in die Falle, verprügeln und erniedrigen sie. Nun deckt eine Recherche auf: Viele von ihnen sind rechtsextrem.

Das Wichtigste in Kürze
- Pedo-Hunter geben sich als Meitli aus und locken mutmasslich Pädophile in die Falle.
- Anschliessend verprügeln sie die Männer und stellen häufig ein Video davon ins Netz.
- Sie sind auch hier aktiv. Ein Experte spricht ihnen das «Kinderschutz»-Argument ab.
- Es tummeln sich in den Chats auch viele Rechtsextreme.
Yannick* gibt sich im Netz als 14-jähriges Mädchen aus. Er beginnt, mit mutmasslich Pädophilen zu chatten. Sind die Männer interessiert, kommt es zu einem Treffen, meist an einem abgelegenen Ort.
Der Mann wird vor Ort aber nicht vom Mädchen empfangen, wie er es sich vorstellt. Sondern von einer Gruppe männlicher, vermummter Teenager, meist zwischen 14 und 24 Jahren.
Der mutmassliche Sexualstraftäter wird von ihnen festgehalten, erniedrigt (nicht selten Kopfrasuren und so weiter) und heftig verprügelt. Oft landet dann ein Video von der Attacke im Netz.

Sogenannte Pedo-Hunters sind auch in der Schweiz aktiv. Wie viele? Das ist schwer zu sagen.
Die SRF-Sendung «Rundschau» hat einige von ihnen anonym getroffen. Einer von ihnen ist Yannick.
Er ist überzeugt: «Wir wollen diese Pädos treffen und verprügeln. Wenn die Videos viral gehen, sehen das andere Pädophile und haben Angst, sich künftig mit Kindern zu treffen.»
Verprügeln für den guten Zweck. Tatsächlich?
«Es geht nicht um Kinderschutz, es geht um Gewalt»
Extremismus-Experte Jérôme Endrass widerspricht beim Sender vehement. «Das ist ein uraltes Muster. Jeder Täter sucht für seine Gewalttaten immer eine Rechtfertigung.» Das Thema Pädophilie sei besonders gut geeignet.
Aber: «Abschreckung führt nicht dazu, dass solche Taten verhindert werden.» Wer die Schwelle überschreite, ein schweres Sexualdelikt an einem Kind zu begehen, der liesse sich von Prügel-Drohungen nicht aufhalten. «Hier geht es nicht um Kinderschutz, hier geht es um Gewalt.»
Rechtsextreme Pedo-Hunter im Chat: «Wir bräuchten Adolf Hitler»
Auffallend in Pedo-Hunter-Chats (vor allem Signal und Telegram): Zwar gibt es auch Mitglieder mit Migrationshintergrund und politisch Desinteressierte. Viele Menschen, die sich äussern, teilen aber rechtsextremes Gedankengut.

Ein Pedo-Hunter, der sich im Chat «Snowman» nennt, schreibt etwa: «Wir bräuchten einen zweiten Adolf Hitler, der hier alle Asylanten vergast und aufräumt.»
Die Verbindung zwischen Rechtsextremen und Pedo-Huntern ist kein Zufall, sagt Endrass. «Kinderschutz» werde als Argument schon seit Jahrhunderten instrumentalisiert.
«Bereits im Mittelalter hat man behauptet, jüdische Gemeinden würden christliche Kinder schlachten.» Heute wiederholt sich die Geschichte rhetorisch. Die Figur des «Kinderschützers» werde zum moralischen Schutzschild für ideologische Feindbilder.