Es ist eine Entwicklung, die seit Jahren anhält: Immer mehr Dorfbeizen gehen ein. Ein Vermieter-Paar aus Huttwil BE kann davon ein Lied singen.
Vermieter
Heinz Schär und Barbara Füllemann suchen seit mehr als einem Jahr einen Beizer für ihr Restaurant – vergeblich. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit Jahren sterben in der Schweiz die Beizen weg.
  • Auch ein Berner Vermieter-Paar spürt das schwierige Gastro-Umfeld.
  • Die beiden suchen seit Monaten vergeblich einen Wirt für ihre Beiz.
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Heinz Schär und Barbara Füllemann besitzen ein Restaurant direkt am Bahnhof von Huttwil BE. Doch es steht inzwischen monatelang leer. Denn niemand will hier wirten.

«Wir suchen jetzt seit über einem Jahr einen Nachfolger», sagt Schär zu Nau.ch. Aber das sei «schwierig». Bislang hätten sich nur Personen ohne eigenes Wirte-Patent gemeldet.

Dabei steht die Beiz des Paares, der Ochsen, in Huttwil direkt am Bahnhof. Inseriert habe man im Internet und auch auf einem grossen Plakat am Restaurant selbst.

Als Beizer «muss man halt 150 Prozent arbeiten»

Das Paar wirtete selbst 20 Jahre lang, Schär kennt den Beizer-Job deshalb gut. «Da muss man halt 150 Prozent arbeiten, nicht nur 50, wie das heute alle wollen», sagt er.

Huttwil
Das Restaurant im Hotel Ochsen in Huttwil BE steht seit mehr als einem Jahr leer.
Beizensterben
Dabei steht die Beiz von Heinz Schär und Barbara Füllemann, der Ochsen, in Huttwil direkt am Bahnhof.
Ochsen
Bislang hat sich noch niemand beworben, der ein Wirten-Patent besitzt.
Ochsen
Das Paar wirtete selbst 20 Jahre lang, Schär kennt den Beizer-Job deshalb gut.
Beizen
«Da muss man halt 150 Prozent arbeiten, nicht nur 50, wie das heute alle wollen.»

Das schrecke die Leute ab, glaubt er. Hinzu kommt: «Die Gewohnheiten haben sich verändert. Früher machte man eine gute Stunde Mittag und ass ein gesundes Menü.»

Das sei heute anders. «Da fehlt im Mittag die Zeit dafür. Stattdessen knallen sich die Jungen schnell einen Döner oder eine Pizza rein.»

«Ein Dorf ohne Beiz, das ist doch traurig»

Nach über einem Jahr der erfolglosen Suche habe der Architekt dem Paar inzwischen geraten, das Restaurant als Stockwerkeigentum zu verkaufen.

Eine Idee, mit der die beiden nicht viel anfangen können. «Ein Dorf ohne Beiz, das ist doch traurig. Der Mensch braucht das Soziale – wir Wirte nehmen dem Pfarrer und dem Psychiater viel Arbeit ab.» Das Gemeinschaftliche gehe nun zunehmend verloren.

Ganz hat Schär die Hoffnung noch nicht aufgegeben. «Man könnte vieles machen mit der Küche, es muss nicht unbedingt eine Beiz sein», meint er.

Besitzer wollen Beiz in Treff oder Suppenküche umwandeln

Er selbst versuchte vor ein paar Jahren, den Ochsen zu einem Treffpunkt für AHV- und IV-Bezüger umzuwandeln. Das klappte aber nicht. «Das waren Leute, die nie Geld haben. Da war die gemeinsame Kasse eine zu grosse Verlockung», erinnert er sich.

Schär hofft auf einen nächsten Anlauf: Der Ochsen hätte ihm zufolge zum Beispiel die perfekte Infrastruktur für eine Suppenküche, ein Vereinslokal oder eine Clubhütte.

Was essen Sie an einem Arbeitstag zum Zmittag?

Seit einigen Jahren nimmt die Zahl an Dorfbeizen zunehmend ab. Der Grund: «Das veränderte Konsum- und Lebensverhalten in der Gesellschaft», erklärt Iris Wettstein vom Branchenverband Gastrosuisse.

«Es wird mehr in städtischem Gebiet gearbeitet und demnach auch konsumiert.» In den Städten wachse das Gastgewerbe demnach auch.

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