In der letzten Jahren konnte die Fairtrade-Branche trotz der Coronakrise eine gute Bilanz ziehen. Die Kunden achten immer mehr auf nachhaltige Produkte.
Max Havelaar
Bananen mit dem Gütesiegel von Max Havelaar. - Keystone
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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Handel mit fairen Produkten boomt – trotz Coronakrise.
  • Bereits im Vorjahr vermeldete Max Havelaar Rekordumsätze.
  • Viele Detailhändler bauen deshalb ihr Sortiment aus.

Nicht zuletzt dank Hamsterkäufen und selbstgekochten Mittagessen im Homeoffice hat die Coronakrise dem Detailhandel einen Schub verliehen. Und die Konsumenten griffen dabei auch besonders gerne zu fair gehandelten Produkten wie Bananen, Wattestäbchen oder Trockenfrüchten.

Die Organisation Fairtrade Max Havelaar erlebte 2021 laut Sprecher Lukas Krebs ein «gutes Fairtrade-Jahr».

«Nachhaltigkeit ist ein Megatrend»

Nachdem Max Havelaar bereits im Vorjahr Rekordumsätze vermeldete, hätten auch 2021 praktisch alle Kategorien zugelegt. Auch das Geschäft mit fairem Kaffee oder Saft, das unter den Schliessungen in der Gastronomie stark gelitten hatte, habe sich wieder erholt, die Umsätze verblieben hier aber noch unter dem Vorjahr.

«Nachhaltigkeit ist ein Megatrend, seit Jahren verzeichnen Fairtrade-Produkte konstant hohes Wachstum», sagte Krebs gegenüber der Nachrichtenagentur AWP. Diesen habe die Coronakrise noch verstärkt. «Das Thema Fairness hat an Bedeutung gewonnen.»

fairer handel
Fairer Handel ist momentan hoch im Kurs. - Swiss Fair Trade

Max Havelaar ist die mit Abstand grösste Fairtrade-Organisation in der Schweiz: Sie erzielte mit ihren Produkten im Jahr 2020 einen Umsatz von 859,5 Millionen Franken. Zum Vergleich: Laut der Dachorganisation Swiss Fair Trade erzielten 2020 alle Fairtrade-Anbieter zusammen 935,4 Millionen Franken Umsatz.

Die Kleinbauern, die die mit dem Max-Havelaar-Gütesiegel ausgezeichneten Produkte – von Kakaobohnen über Wattebäusche bis Fussbälle – produzieren, erhalten einen Mindestpreis sowie eine Prämie für ihre verkauften Güter.

Detailhändler bauen Sortiment aus

Laut einer repräsentativen Kundenumfrage des Detailhandelsverbandes Swiss Retail Federation vom vergangenen Herbst legen inzwischen 87 Prozent der Konsumenten bei ihrem Einkauf Wert auf nachhaltige Produkte. Jeder Vierte wählt hauptsächlich nach Labels aus.

«Es zeigt sich also, dass es für die Detailhändler wichtig ist, nachhaltige und faire Produkte in ihrem Sortiment anzubieten», sagte die Geschäftsführerin der Swiss Retail Federation, Dagmar Jenni.

coop
Der Detailhändler Coop macht seine Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit transparent. - Keystone

Das haben die Detailhändler, darunter Coop, schon längst erkannt und sie bauen ihr Sortiment ständig aus. Anlässlich seiner dreissigjährigen Zusammenarbeit mit Max Havelaar weitet Coop aktuell sein Angebot an fair gehandelten Produkten um rund 300 zusätzliche Artikel aus. Mit 1333 Produkten im Angebot sei Coop sogar der grösste Anbieter von fairtrade-zertifizierten Produkten weltweit, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

Die Migros führt laut ihrer Webseite 141 Fairtrade-Produkte von Max Havelaar. Die Detailhändlerin gibt an, die Umsätze mit nachhaltigen Produkten seien 2021 weiter gestiegen. Auch sie baut deshalb das Sortiment an solchen Produkten ständig aus.

Nachhaltiges Produkt zum günstigen Preis

Laut Jenni sind viele Konsumenten bereit, für fair gehandelte und nachhaltige Produkte etwas mehr zu bezahlen. «Jedoch sind in der Gesamtabwägung bei 37 Prozent der Kundinnen und Kunden der Preis der wichtigste Aspekt», sagt sie. Dazu kämen gemäss der Umfrage weitere 38 Prozent, die sowohl auf Labels als auch auf den Preis Wert legen. Sie wollen beim Einkaufen also den Fünfer und das Weggli: nachhaltige Produkte, aber zum günstigsten Preis.

Detailhandel
Eine Verkäuferin in Zug (Archivbild). - sda

Dies führt laut Jenni dazu, dass die Detailhändler versuchen, immer mehr Produkte anzubieten, die ökologisch, fair, sozial, besonders gesund oder regional hergestellt sind. Gleichzeitig versuchen sie aber auch, das Sortiment breit zu halten, um den Kunden, die vor allem auf den Preis achten, ebenfalls ein grosses Sortiment bieten zu können.

Dieser Spagat bremst insgesamt die Nachhaltigkeit: Anstatt günstige – oft auf Kosten von Arbeitern oder Tieren produzierte – Produkte im Supermarktgestell durch fair produzierte Artikel zu ersetzen, bieten die Läden einfach von beiden Kategorien mehr Optionen an.

Kunden motivieren, fair zu kaufen

«Um die Gesellschaft nachhaltiger zu machen, sind die Detailhändler auf die Bereitschaft der Kundschaft angewiesen, eine adäquaten Preis für nachhaltigere Produkte zu zahlen», sagte Jenni. Der «Attitude-Behaviour-Gap», also die Differenz zwischen der Wertvorstellung von nachhaltigem Konsum und tatsächlich nachhaltigem Handeln, sei hierbei «oft ein Stolperstein».

fairtrade
Kaffeeplantage in Ecuador. - AFP

Laut Jenni sei es die Herausforderung der Detailhändler, den Kunden zu helfen, diese Kluft zu überwinden und noch besser zu erläutern, warum etwa Produkte mit Labels mehr Aufwand und höhere Kosten – etwa für Kontrollen oder Stichproben über Drittfirmen –bedeuten.

Das hat sich auch die Stiftung Max Havelaar, die dieses Jahr ihr dreissigjähriges Bestehen feiert, zu Herzen genommen. «Nach eher ruhigeren Jahren planen wir in 2021 wieder lauter zu werden. Wir wollen viele weitere Konsumentinnen und Konsumenten motivieren, fair zu kaufen», so Krebs. Dazu plane man etwa Kampagnen wie den an den veganen Monat «Veganuary» angelehnten fairen Monat «Fairbruary» oder erstmalig auch einen Fairtrade Award.

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