Um einen Durchgangsplatz im Kanton St. Gallen durchzusetzen, ziehen Fahrende vor Bundesgericht. Sie sehen auch Grundrechte von Minderheiten missachtet.
Transitplatz fahrende wileroltigen
Fahrende auf dem Transitplatz in Wileroltigen (Symbolbild). - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Schweizer Fahrende ziehen vor Bundesgericht.
  • Sie wollen mehr Durchgangsplätze erzwingen.
  • Von der Bevölkerung gibt es häufig negative Rückmeldungen auf Pläne für solche Plätze.
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Schweizer Fahrende kämpfen seit Jahren für mehr Mitsprache und für mehr Durchgangsplätze. Die «Radgenossenschaft der Landstrasse» will nun einen Entscheid der Gemeinde Thal SG vor Bundesgericht anfechten. Die Gemeinde will auf dem Gebiet Fuchsloch keinen provisorischen Durchgangsplatz einrichten.

Teilerfolg für Schweizer Fahrende: Das St. Galler Verwaltungsgericht stellt im Entscheid vom 18. März zum gescheiterten Durchgangsplatz in Thal fest, dass die Radgenossenschaft als «Beschwerdeführerin im eigenen Namen befugt ist».

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Das Schweizerische Bundesgericht in Lausanne entschied klar gegen die Beschwerde des Fahrlehrers. - Keystone

Das St. Galler Baudepartement hatte die Berechtigung bestritten mit dem Argument, dass «eine Genossenschaft zum Vornherein nicht die fahrende Lebensweise pflegen kann». Dies schrieb die Radgenossenschaft der Landstrasse am Montag in einer Mitteilung.

Die Beschwerde wurde trotzdem abgelehnt. Der Grund: Das Gericht könne den Gemeinderat nicht dazu anhalten, die Planung eines provisorischen und zeitlich befristeten Durchgangsplatzes weiterzuführen. Der Anspruch müsse auf dem politischen Weg umgesetzt werden, hält das Verwaltungsgericht fest.

Grundrechte von Minderheiten würden missachtet

Der Entscheid stärke die Radgenossenschaft in Bezug auf ihre Beschwerdebefugnis, hält die Dachorganisation der Schweizer Jenischen und Sinti fest. Sie will den Entscheid ans Bundesgericht weiterziehen – «mit der Perspektive der Beurteilung durch übernationale Instanzen». In der Schweiz würden Grundrechte der Minderheiten – und namentlich ihr Einbezug in Fragen, die sie betreffen – missachtet.

Ein Bundesgerichtsurteil von 2003 verpflichtet die Kantone in ihren Richtplänen die Bedürfnisse der Fahrenden als Teil der Bevölkerung zu berücksichtigen.

Der Kanton St. Gallen bezeichnete 2008 die ersten geplanten Durchgangsplätze in Thal und Gossau im Richtplan. In Thal lehnte das Stimmvolk im Mai 2014 die Umzonung ab. In Gossau war im September 2015 das Stadtparlament gegen die Umzonung.

Bis heute kein Durchgangsplatz im Kanton St. Gallen

Danach versuchte der Kanton, Standorte für provisorische Durchgangsplätze zu finden. Ein zweiter Versuch mit einem zeitlich befristeten Durchgangsplatz sollte gestartet werden. Dies, weil der Platz im Fuchsloch in Thal laut dem Kanton ideal gelegen sei.

Doch der Gemeinderat erhielt aus der Bevölkerung negative Rückmeldungen. Deshalb entschied er im Mai 2019, den provisorischen Durchgangsplatz nur bei Einstimmigkeit im Gemeinderat weiterzuverfolgen.

Plakat Fahrende
Die Berner BDP setzt sich gegen die Fahrenden in Wileroltigen BE ein. (Archivbild) - Keystone

Die «Radgenossenschaft der Landstrasse» erhob gegen den Entscheid der Gemeinde im Juni 2019 beim Kanton Rekurs. Nachdem dieser im April 2020 abgewiesen wurde, legte die Radgenossenschaft Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein. Trotz intensiver Suche konnte bis heute im Kanton St. Gallen kein einziger Durchgangsplatz realisiert werden.

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