Nachdem am Wochenende ein sechsköpfiges Skitouren-Team in einen Sturm geraten und verunglückt ist, stellt sich die Frage, ob solche Tragödien vermeidbar sind.
Die Kantonspolizei Wallis hat ein Video geteilt, wie die Suche nach den Skitourengängern von oben aussieht. - Kantonspolizei Wallis

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Skitourengruppe ist auf der Haute Route zwischen Zermatt und Arolla verunglückt.
  • Die Strecke ist der erste Teil der Patrouille des Glaciers (PDG).
  • Experten erklären, wie solche Unfälle zustande kommen – und vermieden werden – könnten.
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Am Wochenende ist ein sechsköpfiges Skitouren-Team im Bereich Tête Blanche verunglückt. Sie gerieten auf der Haute Route zwischen Zermatt VS und Arolla VS in einen Sturm. Fünf Personen wurden tot aufgefunden, eine wird noch vermisst.

Die Strecke ist der erste Teil der Patrouille des Glaciers (PDG), für die die Gruppe offenbar trainieren wollte. Grundsätzlich ist sie nicht riskant.

Aber der Aufstieg über 2000 Meter kostet selbst bei perfekten Bedingungen viel Energie und sechs Stunden. «Ein Nullrisiko gibt es in den Bergen nie», sagt Marc Liew von der Schweizer Armee und vom Kommando PDG. Das Kommando ist für die Organisation des legendären Skitourenrennens verantwortlich.

Vielzahl von Parametern zu berücksichtigen

Für die 40. Patrouille des Glaciers, die Mitte April stattfinden soll, habe es noch nicht mit den Strecken-Vorbereitungen begonnen. «Wir befanden uns am Wochenende und befinden uns aktuell nicht vor Ort», so Liew weiter.

Skitouren-Gänger Wallis tot
Am Wochenende ist eine Gruppe von Skitouren-Gängern im Bereich Tête Blanche verunglückt. - Kantonspolizei Wallis

Für eine Freigabe der Rennstrecke müsse eine Vielzahl von Parametern berücksichtigt werden. Dazu gehörten unter anderen die Wetter- und Schneebedingungen. Aber auch die Bereitschaft der Sanitäts-Posten entlang der Strecke, die Verfügbarkeit von Helikoptern und vielem mehr.

War die Tour am Samstag zu riskant? «Wir können unsererseits die Sicherheitslage nur für unsere Teilnehmer an den Renntagen einschätzen», sagt das Kommando.

Schweizer sind vernüftig unterwegs

Marcel Kraaz, Mitglied der Geschäftsleitung des Schweizer Alpen-Clubs (SAC), ist der Meinung, dass Schweizer Skitouren-Gänger mit Vernunft unterwegs sind. «Natürlich gibt es Ausreisser – nach oben sowie nach unten. Aber das ist in einer Gesellschaft normal.»

Doch Kraaz räumt ein: «Zum Verhängnis wird dem Menschen der Wunsch.» Denn: «Will man unbedingt raus ins Gelände, hat man eine Tour ausgemacht, dann ignoriert man vielleicht Warnungen. Oder nimmt die Bedingungen anders wahr, als sie sind.»

Für dieses Verhaltensmuster müsse ein Bewusstsein geschaffen werden.

Nicht am Limit planen

Eine gute Möglichkeit, verantwortungsvolle Touren zu gewährleisten, sei nicht am Limit zu planen. «Sondern mit Reserven», sagt Kraaz. «In jeder Kategorie: Zeit, Kraft, Ausrüstung, Wetter.» Laufe etwas nicht nach Plan und habe man keinen Spielraum gelassen, seien die Risiken exponentiell höher.

lawine Ski
Skitouren wollen gut vorbereitet sein – vor allem wegen der erheblichen Lawinengefahr. (Symbolbild)
Lawinenverschüttetensuchgeräte
Lawinenverschüttetensuchgeräte (LVS) erhöhen die Chancen, Verschüttete unter grossen Schneemassen wiederzufinden. Allerdings können elektronische Gegenstände wie Handys die Suche erschweren.
lawine
Lawinenkurse lehren das richtige Verhalten abseits der Piste.
Zwei Personen im Schnee
Zwei Skitourengänger unterwegs bei wunderbarem Wetter. (Symbolbild)
Skitourengänger Skipisten
Skitourengänger, die Skipisten zum Aufstieg nutzen, begeben sich gleich mehrfach in Gefahr. (Symbolbild)

«Apps können hier eine grosse Hilfe sein, vor allem bei der Planung einer Tour», so Kraaz weiter. Wichtig sei nur, dass diese nicht «blind» eingesetzt werden und laufend mit den realen Verhältnissen vor Ort abgeglichen werden.

Auch das WSL-Institut für Schnee und Lawinenforschung empfiehlt grundsätzlich, Touren unter Berücksichtigung des Lawinenbulletins und des Geländes zu planen. Und dabei eine statistische Methode zur Risikoreduktion zu verwenden. Egal ob mit «White Risk», einer Methode wie «Stop and Go», der «Snowcard» oder mithilfe der Skitourenguru-Seite.

«Prognosen sind nämlich naturgemäss nicht immer zutreffend», sagt Lawinenwarner Kurt Winkler.

Keine klare Grenze für Skitouren

Zwar gebe es keine klare Grenze, wann Skitouren ganz vermieden werden sollten. Aber Gelände und Gefahr müssten zusammenpassen: «Je höher die Gefahr, desto flacher muss das Gelände sein. Und desto sicherer muss man sein, dass es wirklich nirgends in der Umgebung steiler ist», sagt Winkler.

Allgemein gelte: «Pro Gefahrenstufe vervierfacht sich das Risiko», so der Lawinenwarner.

Die gute Nachricht: «Schweizer sind im Allgemeinen gut versichert», sagt Winkler. «Und die gesellschaftliche Risikoakzeptanz hat in den letzten Jahrzehnten abgenommen.» Ob diese Bereitschaft im internationalen Vergleich hoch oder tief sei, könne er aber nicht beurteilen.

Fest steht: «Die allermeisten Skitourenfahrer konsultieren im Voraus das Lawinenbulletin. Sie passen ihr Ziel schon in der Planung den Verhältnissen an», führt Winkler aus. Aus gutem Grund.

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