E-Bike stiehlt Autos auf der Automesse die Show
Ein E-Bike sorgt für Aufsehen auf der Automesse in Zürich. Das löst bei den Besuchenden etwas aus, weiss ein Psychologe.

Das Wichtigste in Kürze
- Ein E-Bike an der Automesse «Auto Zürich» sorgt für Verwunderung.
- Laut einem Konsumpsychologen löst das eine emotionale Reaktion im Gehirn aus.
- Der Velohersteller zählt nach der Automesse «viele Interessenten».
Die «Auto Zürich» hat einen neuen Rekord aufgestellt: Über 68'000 Besucherinnen und Besucher strömten während fünf Tagen in die Messehallen. 70 Marken zeigten über 80 Neuheiten.
Doch ein Modell sorgte für Verwunderung: Neben den glänzenden Autos stand ein E-Bike.
Besucher Manuel Aeberli musste zweimal hinschauen. «Zwischen glänzenden Felgen und polierten SUVs steht ein E-Bike», schreibt er verwundert auf Linkedin.

Dass ein E-Bike an einer Automesse Platz findet, macht aber Sinn. «Heute verkauft man nicht mehr einfach Autos, man verkauft ein ganzes Mobilitätssystem», sagt Aeberli.
Besucher «wollen Autos sehen»
Ein ausgestelltes E-Bike an einer Automesse – was löst dieser Überraschungseffekt bei Besuchenden aus?
«Aufmerksamkeit», sagt Konsumpsychologe Christian Fichter auf Anfrage von Nau.ch.
«Besucher haben eine Erwartungshaltung – sie wollen Autos sehen. Das E-Bike durchbricht dieses Muster, was zu einer erhöhten kognitiven Verarbeitung führt», erklärt er.
«Anstatt das Objekt nur beiläufig wahrzunehmen, halten die Menschen inne und fragen sich: ‹Warum ist das hier?›»
E-Bike an Automesse bleibt besser im Gedächtnis
Die Folge: eine emotionale Reaktion von leichter Verwirrung über Neugier bis hin zu Amüsement.
Das Ergebnis sei aber immer dasselbe: «Das Produkt und die dahinterstehende Marke bleiben stärker im Gedächtnis haften als ein weiteres Auto in einer langen Reihe.»
Ausgestellt war ein Luxus-Modell der Schweizer E-Bike-Marke Thömus.

Thömus-Velounternehmer Thomas Binggeli erklärt gegenüber Nau.ch: «An dieser Messe geht es um Mobilität. Da passt ein Velo oder E-Bike genauso perfekt hin wie ein Auto.»
Thömus erzielt seinen grössten Umsatz im Geschäftsfeld Mobilität – neben anderen Geschäftsfeldern wie Sport.
E-Bike als Ergänzung zum Auto: «Man gewinnt Spielzeug dazu»
«Die verschiedenen Verkehrsmittel ergänzen sich gut. Die meisten Schweizerinnen und Schweizer sind hybrid unterwegs», erklärt er.
Heisst: Sie nehmen manchmal das Auto, an anderen Tagen das Velo und manchmal den ÖV.
Auch Konsumpsychologe Christian Fichter findet: «Obwohl die Besuchenden primär an Autos interessiert sind, wird hier keine gänzlich neue, sondern eine erweiterte Zielgruppe angesprochen.»

Automesse-Besuchende hätten meist höhere Kaufkraft und eine Affinität zu Mobilität, Technologie und Design. Und: Das E-Bike werde als logische Ergänzung zum mobilen Lebensstil wahrgenommen.
«Gerade durch Inszenierung und Preispositionierung gelingt es, das Velo nicht als Konkurrenz, sondern als Lifestyle-Produkt zu rahmen», sagt Fichter.
«Entscheidend ist, dass der Wechsel nicht als Verlust erlebt wird: Man ‹verliert› nicht das Auto, sondern ‹gewinnt› ein neues Spielzeug für den Feierabend oder für die urbane Kurzstrecke.»
Mittel- bis langfristig könne ein solches Angebot helfen, neue Formen von Mobilität zu normalisieren. Besonders bei jenen, die dem Velo bisher distanziert gegenüberstanden.
Velo hat «Rückfahrkamera»
Nach der Messe zählt Velounternehmer Thomas Binggeli «viele Interessenten». Genaue Verkaufszahlen nennt er keine.
Für Aufsehen sorgt auch eine «Rückfahrkamera» beim E-Bike. Dabei handelt es sich um eine Kamera, die zeigt, wenn sich ein Auto von hinten nähert. Quasi ein digitaler Rückspiegel.

Braucht es solche Features, um Autofahrende vom E-Bike zu überzeugen?
Thömus-Chef Binggeli meint dazu. «Das Velo ist ein hochinnovatives Produkt. In den 35 Jahren, in denen ich im Geschäft bin, hat es sich massiv weiterentwickelt.»
Und: «Bei gewissen Dingen waren wir dem Auto voraus. SIM-Karten für Software-Updates gab es zum Beispiel zuerst beim Stromer.»
E-Bikes bleiben an Automesse die Ausnahme
Das ausgestellte E-Bike kostete 13'800 Franken. Ein monatliches Leasing von 270 Franken ist aber ebenfalls möglich – genauso wie man es von Autos kennt.
Laut Binggeli nutzen jedoch nur acht Prozent der Interessenten das Leasing. «In der Schweiz ist die Kaufkraft in der Regel genug hoch, um ein E-Bike auf einmal zahlen zu können.»
Trotz des Erfolgs: An der «Auto Zürich» bleiben E-Bikes vorerst noch eine Nische. «Das ist nicht unser Kerngeschäft. Wir fokussieren uns vorerst weiterhin nur auf Autos», heisst es auf Anfrage.















