An der Sägenstrasse soll schon bald ein Konsumraum entstehen. Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers sind jedoch deshalb besorgt – und leisten Widerstand.
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Brigitta Gamm kämpft mit ihrem Komitee gegen den Drogenkonsumraum an der Sägenstrasse in Chur. - Screenshot SRF

Das Wichtigste in Kürze

  • In Chur soll es bald einen sicheren Konsumraum für Drogenabhängige geben.
  • Der auserkorene Standort dafür stösst jedoch auf Kritik.
  • Einige Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers befürchten mehr Kriminalität.
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In Chur, einer Stadt mit einer der grössten offenen Drogenszenen der Schweiz, gibt es Pläne für einen neuen Konsumraum.

Der Stadtrat hat kürzlich eine Liegenschaft an der Sägenstrasse als idealen Standort aus 25 möglichen Optionen ausgewählt. Doch diese Entscheidung stösst auf Unmut bei Bewohnerinnen und Bewohnern des Wohnviertels, wie aus einem Bericht von «Schweiz aktuell» hervorgeht.

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Hier, an der Sägenstrasse 75, plant der Stadtrat mithilfe von Containern einen Drogenkonsumraum zu errichten. - Screenshot Google Maps

«Es gehört hier nicht hin. Die ganze Institution gehört in meinen Augen an den Brennpunkt, dort, wo das Elend ist», sagt ein Anwohner gegenüber SRF. Eine Frau stimmt zu: «Der Standort ist nicht der richtige. Er sollte im Stadtpark sein, dort wo diese Menschen sind – aber nicht vor meinem Haus.»

Grundsätzlich sei man für einen Konsumraum, jedoch sei das ausgewählte Quartier, wo Familien mit Kindern lebten, dafür nicht geeignet.

Kritik am vorgeschlagenen Standort

Brigitta Gamm ist Initiantin des Komitees «Kein Drogenkonsumraum an der Sägenstrasse 75». Sie sammelt Unterschriften gegen den geplanten Standort und äussert ihre Bedenken: «Es wird bereits über das ‹Wie› gesprochen, nicht mehr über das ‹Ob›. Das finde ich extrem übereilig und macht mich traurig.»

Gemäss Schätzungen der Stadt könnten in dem Konsumraum täglich zirka 30 bis 40 Suchtkranke ein- und ausgehen. Das Ziel: sie vom Stadtgarten – zumindest tagsüber – wegzulocken.

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Blick auf den Churer Stadtgarten, der als einer der grössten offenen Drogenszenen der Schweiz gilt. - keystone

Alfons Meier, ein langjähriger Methadon-Patient, ist mit dem Widerstand nicht einverstanden. Er meint bei «Schweiz aktuell»: «Die Leute haben das Gefühl, wir seien Ausserirdische – oder sonst irgendwie kaputt. Das sind normale Menschen, mit denen man reden kann, es sind nicht alle verwirrt.»

Andere Abhängige zeigen aber auch Verständnis: «Ich kann jeden verstehen, der das nicht bei sich haben will», sagt ein anderer.

Angst vor Kriminalität im Fokus

Die Bewohner des Quartiers befürchten primär eine Zunahme von Beschaffungskriminalität wie Einbrüchen und Diebstählen.

Patrik Degiacomi (SP) vom Stadtrat zeigt Verständnis für diese Ängste, betont aber: «Wir haben jetzt rund um den Stadtgarten nicht das grössere Problem.» Wegen des Kontrolldrucks dort gebe es Einbrüche und Diebstähle auch schon jetzt in anderen Quartieren.

Laut dem Stadtrat werden die Sicherheitsmassnahmen beim Standort des Konsumraums entsprechend erhöht.

Abstimmung über den Baukredit

Am 9. Juni wird in Chur über einen Rahmenkredit von 3,9 Millionen Franken für den Bau des neuen Konsumraums abgestimmt.

Die Finanzierung steht unabhängig vom Standort fest, weshalb eine Zustimmung wahrscheinlich ist. Trotz Widerstand will der Stadtrat voranschreiten, rechnet aber mit Einsprüchen gegen eine Baugenehmigung.

Ursprünglich war die Eröffnung des neuen Konsumraums für Sommer 2024 geplant, nun ist das Ziel Ende dieses Jahres.

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