Darum hat der klassische HR-Job keine Zukunft

Elena Hatebur
Elena Hatebur

Bern,

Ein neuer Bericht zeigt: Der klassische HR-Job hat ausgedient. KI verändert Rollen und Aufgaben radikal.

Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz unterstützt die Personalabteilungen immer mehr. Das verlangt umso mehr Empathie von den Mitarbeitenden, mahnt ein Experte. (Symbolbild) - pexels

Das Wichtigste in Kürze

  • KI verändert die Personalabteilungen – der klassische HR-Job hat ausgedient.
  • Mitarbeitende haben dadurch neue Rollen. Und: Sie müssen mehr Empathie zeigen.
  • Ersetzt werden sie jedoch nicht, sagt ein Experte.

Wenn sich ein Beruf neu erfinden muss, beginnt das oft mit neuen Bezeichnungen. Wir erinnern uns: Einst wurde aus der Krankenschwester die Pflegefachfrau, aus dem Metzger der Fleischfachmann und aus dem Abwart der Facility-Manager.

Eine Branche, die sich gerade im Umbruch befindet, ist das Personalwesen. Dort arbeiten neuerdings «Organisationsarchitekten», «Verwalter der Ethik» oder «Daten-Visionäre».

Begriffe, die eher an Science-Fiction erinnern statt an Human Resources (HR).

Doch sie sind Teil eines aktuellen Trendberichts des Personalvermittlers Randstad. Ihm zufolge ist die Personalabteilung, wie wir sie heute kennen, bald Geschichte.

KI hilft HR bei Mitarbeiter-Kündigungen

Die HR-Branche stehe an der «Schwelle zu einer beispiellosen Ära des Wandels», heisst es im Bericht. Angetrieben wird dieser Wandel vor allem durch Technologie – in erster Linie Künstliche Intelligenz (KI).

Und damit bilden sich auch neue Rollen für die HR-Mitarbeitenden. So sollen sie neu als «Architekten, Ethiker, Visionäre und Strategen» arbeiten.

Machst du dir Sorgen, von KI ersetzt zu werden?

Bedeutet: Die HR-Abteilung entscheidet in Zukunft stärker bei der Geschäftsstrategie mit, als nur auszuführen.

Doch das ist nicht nur Zukunftsmusik. Künstliche Intelligenz und Automatisierung verändern den Berufsalltag der Personalabteilungen schon heute.

KI-Experte Mike Schwede sieht klare Einsatzfelder für die KI: «Zum Beispiel zum Erkennen von potenziellen Kündigungen oder Vorreview von Bewerbungen.»

KI übernimmt Aufgaben – ersetzt HR-Mitarbeiter aber nicht

Es gelte, die üblichen digitalen Kompetenzen weiterzuentwickeln, um mit der KI auf Augenhöhe zu bleiben.

Beispielsweise die Bedienung von Sprachmodellen, die sich durch ihre Fähigkeit zur Textgenerierung auszeichnen. Man muss also lernen, mit KI-Tools wie ChatGPT zu arbeiten.

Mike Schwede
Mike Schwede (mike.schwede.ch) ist Experte im Bereich Künstliche Intelligenz. - zVg

«Aber man sollte auch einen Data-Analysten/Scientisten, der spezifische Algorithmen entwickeln kann, im Team haben», sagt Schwede. Ohnehin sei ein tiefgreifendes HR-Know-how relevant, um die Resultate von KI hinterfragen zu können.

Viele Unternehmen stünden jedoch noch am Anfang. Während KMUs die KI rasch nutzen können, müssen Konzerne zuerst ihre unterschiedlichen Systeme harmonisieren.

«KI wird punktuell genutzt», erklärt Schwede. Zum Beispiel zur Automatisierung der Administration, für die Beratung via Chatbots, für KI-basierte Trainings oder Bewerbungsanalysen.

Also: Die KI übernimmt Teilaufgaben, ersetzt die Personalabteilung jedoch nicht.

Empathie wird wichtiger

Auch kommunikative Kompetenzen dürften gemäss Randstad-Report künftig noch stärker gefragt sein. «Zur Überbrückung der Kluft zwischen Technologie und Menschlichkeit», heisst es. Aber kann man tatsächlich von einer «Kluft» sprechen?

Wie lässt sich verhindern, dass KI im Personalmanagement zu einer «kalten» oder unethischen, also unfairen oder gefühllosen Instanz wird?

Hast du gute Erfahrungen mit dem HR in deiner Firma gemacht?

Schwede resümiert: «Zurzeit ist ja Personalmanagement eher kalt und häufig sehr administrativ.»

Das falle dank KI eher weg, man habe mehr Zeit für die Mitarbeitenden. «Daher sind Softskills gefragt», sagt der Experte. Also: Empathie, Kommunikation und soziale Fähigkeiten.

«Die grösste Verschiebung passiert beim Rollenverständnis: HR wird weniger administrativ und mehr zum datengetriebenen People-Partner», so Schwede.

Zusammenarbeit von Mensch und Maschine entscheidend

Für die Personalabteilungen, insbesondere diejenigen, die noch nicht allzu KI-versiert sind, dürften die Neuerungen vorerst überwältigend wirken. Im Report ist von «neu definieren», ja gar von einer «Neuerfindung der Personalabteilung» die Rede.

Doch es geht um mehr als Technologie. In erster Linie geht es darum, die menschliche Essenz der Arbeit zu wahren.

Nutzt du KI schon in deinem Job?

Die KI soll also nicht das Menschliche verdrängen. Deshalb müssen sich die Personalabteilungen neuen Herausforderungen stellen.

Der Luzerner Zukunftsforscher Georges T. Roos ordnet die aktuellen Entwicklungen im gesellschaftlichen Kontext ein.

Georges T. Roos
Georges T. Roos: Der Luzerner Experte ist unter anderem Co-Präsident der Schweizerischen Vereinigung für Zukunftsforschung. - zVg

Die Gestaltung der Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine werde zur entscheidenden Aufgabe, stellt er klar. Heisst: Menschen und KI müssen sinnvoll zusammenarbeiten.

KI werde Tätigkeiten übernehmen, «die bis anhin menschliche Intelligenz und Intuition verlangt haben», sagt er.

Und weiter: «Das HR muss diese Veränderung zu vermehrter Zusammenarbeit gestalten – und hat darin sicherlich eine neue Aufgabe.»

Von der Personalleitung zur Ethik-Instanz

Zudem sieht der Report die Personalabteilung in einer neuen Verantwortung: als «Verwalterin der Ethik». Eine Rolle, mit der Roos einverstanden ist.

Aber: «Diese Technologie kann schaden, wenn sie unsorgfältig angewandt wird», sagt Roos.

KI
KI übernimmt vieles andere – aber für Ethik in Firmen sind weiterhin Menschen verantwortlich. (Symbolbild) - pexels

Und weiter: «Ein Umgang damit, der unseren ethischen Vorstellungen entspricht, muss gefunden werden.» Es braucht also klare, faire Regeln.

«Kann sein, dass Menschen aggressiv reagieren»

Doch wie harmonisch die Zusammenarbeit mit KI wird, bleibt offen. Roos erinnert an Sabotageaktionen gegen erste humanoide, also menschenähnliche Roboter.

«Es kann also sein, dass Menschen aggressiv reagieren», erklärt der Zukunftsforscher. Aber auch Akzeptanz sei möglich.

Entscheidend wird sein, ob KI tatsächlich entlastet und verbessert. Dann wird sich auch «eine positive Einstellung herausbilden», sagt Roos.

Zukunftsforscher prognostiziert trotz KI Fachkräftemangel

Denn die Bindung zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitenden bröckelt ohnehin. Während gerade die Gen Z häufig die Stelle wechselt, zeigen Unternehmen weniger Loyalität.

Gleichzeitig entsteht ein Gegentrend, erklärt Roos: «Die gute Botschaft für die Arbeitnehmenden dabei ist, dass wir auf eine strukturelle Knappheit der Fach- und Arbeitskräfte hinauslaufen.»

Heisst: Es wird bald zu wenige Arbeitskräfte geben. Viele Branchen klagen bereits seit Jahren über Fachkräftemangel.

Würdest du gerne in einer Personalabteilung arbeiten?

Das verschiebt das Pendel zugunsten der Angestellten. Deshalb müssten sich HR-Abteilungen, die in Zukunft relevant bleiben möchten, weiterentwickeln.

Roos formuliert eine deutliche Empfehlung an HR-Fachleute: «Setzen Sie sich mit KI auseinander! Wie wollen Sie die Menschen in die Zukunft führen, wenn Sie selbst das schlechte Beispiel eines Verweigerers geben?»

Kommentare

User #2003 (nicht angemeldet)

So ein Unsinn! In einer Bewerbung kann man lügen. Bei einem Bewerbungsgespräch unter vier Augen, ist dies wesentlich schwieriger. 🧐

User #1628 (nicht angemeldet)

Eine Firma die auf KI in der Rekrutierung setzt, ist es in meinen Augen nicht wert, sich dort zu bewerben.

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